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Neue Bundesbauten bröseln

Bundestagskita bleibt geschlossen. Gravierende Bauschäden machen Sanierung aller Decken nötig. Reparatur von „einigen 10.000 Mark“ dauert zwei bis drei Wochen. Deckenstürze auch im neuen Außenministerium und anderen Regierungsbauten

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Bei der erst zwei Jahre alten, 10 Millionen Mark teuren Kindertagesstätte des Deutschen Bundestags sind gravierende Bauschäden festgestellt worden. Die Deckenkonstruktion in den Gruppenräumen weist nach Aussage der Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) Materialmängel auf. Den Decken fehle der nötige Halt und damit die entsprechende Sicherheit, sagte ein Sprecher gestern zur taz. Die Baugesellschaft habe entschieden, nicht allein den schadhaften Gruppenraum, sondern alle Decken in dem Gebäude sanieren zu lassen. Die Bundetagskita war am Montag, nachdem an einer Stelle 4 Quadratmeter Putz von der Decke fielen, geschlossen worden. Die 63 Kinder sind in Räume im Reichstag umgesiedelt worden.

Nach Angaben von BBB-Sprecher André Lundt haben die Bundesbaugesellschaft Berlin und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung gestern die Kita besichtigt. Ein vorläufiges Schadensgutachten habe ergeben, dass aufgrund der schlechten Materialbeschaffenheit „bei Erschütterungen weitere Decken runterfallen könnten“, so Lundt. Die BBB werde darum die „Sanierung aller Decken im Erd- und Obergeschoss“ der Kita veranlassen. Mit den Reparaturen werde „umgehend begonnen“, so der Sprecher, damit nach „zwei bis drei Wochen Bauzeit“ eine Wiedereröffnung stattfinden könnte. Die Kosten der Sanierung schätzte Lundt auf „einige 10.000 Mark“.

Lundt wies Spekulationen über Schlampereien am Bau zurück. Die Decken seien entsprechend der Ausschreibung und den Normen angebracht worden. Auch bei der Abnahme des Baus durch die BBB 1999 seien keine Fehler festgestellt worden. Es sei „bedauerlich“, wenn sich nun herausstelle, dass die Decken nicht fest genug seien. Lundt räumt ein, dass bei der Reparatur jetzt haltbarere und sichere Konstruktionen verwendet würden. Die Kosten der Sanierung übernimmt laut Lundt die Baufirma „zu 100 Prozent“.

Um die Kindertagesstätte des Bundestags hatte es schon vor ihrer Eröffnung Streit gegeben. Kritiker hatten auch die hohen Kosten bemängelt und darauf hingewiesen, dass in der Nähe des Bundestags freie Plätze in städtischen Kindergärten vorhanden seien.

Pikant an dem Vorfall ist, dass er nicht der einzige ist. Bereits am Neubau des Außenministeriums am Werderschen Markt ist eine Decke herabgefallen, musste gestern die Bundesbaugesellschaft bestätigen. Es sei eine „Häufung“ von Bauschäden auch an anderen Bauten zu beobachten. Dies könne auch noch an weiteren Gebäuden auftreten. Das Bauamt will nun an der Technischen Universität (TU) ein Gutachten in Auftrag geben, das Material und Sicherheit der Neubaudecken untersucht.

Die PDS-Abgeordnete Gesine Lötzsch sah gestern angesichts der Bauschäden weitere Kosten auf den Bund zukommen. Es sei zu befürchten, dass die Kitasanierung nur „die Spitze eines Eisbergs“ sei, da auch an anderen Bauten unter enormem zeitlichem Druck gearbeitet werden musste.

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