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Streit um Menschenrechte in China

Die neue US-Regierung schlägt eine härtere Gangart gegenüber Peking in Menschenrechtsfragen ein, während sich UN-Menschenrechtskommissarin Robinson um einen differenzierten Dialog bemüht. China wirft Washington eigene Fehler vor

aus Peking GEORG BLUME

Handelt es sich um Arbeitsteilung oder zwei grundverschiedene Konzepte? US-Präsident George W. Bush und UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson stellten jetzt eine doppelgleisige Menschrechtspolitik gegenüber China vor. Bushs Regierung geht den Weg der Anklage. Die Menschenrechtslage in China habe sich im Jahr 2000 weiter „verschlechtert“, stellt der am Montag in Washington vorgestellte Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums fest. Deshalb will die US-Regierung bei der Tagung der UN-Menschenrechtskommission in Genf eine chinakritische Resolution einbringen.

Einen anderen Weg geht Robinson. Die UN-Menschenrechtskommissarin rügte gestern in Peking die „ernsthafte Menschrechtslage“ in China. Sie kritisierte Folter und Arbeitslagerstrafen für religiöse und politische Verfolgte, doch lobte sie auch die Fortschritte bei den sozialen Menschenrechten und der Einführung rechtsstaatlicher Praktiken. Mit den Worten „Jedes Mal, wenn ich nach China komme, lerne ich dazu“, gab sie sich während ihres fünften China-Besuchs in zweieinhalb Jahren versöhnlich, um im Detail deutliche Kritik zu äußern: „Das Konzept und die Praxis der ‚Umerziehung‘ durch Arbeit hat in China eine lange Geschichte. Aber die Einstellungen ändern sich, auch in China, und ich halte eine Reform, die eine Abschaffung der ‚Umerziehung‘ durch Arbeit herbeiführt, für gerechtfertigt.“

So weit wie Robinson ist im Menschrechtsdialog mit China noch keine westliche Regierung gekommen. Die Kommissarin erwähnte die für heute vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses angekündigte Ratifizierung des UN-Abkommens über die sozialen und wirtschaftlichen Rechte. Zudem existiert ein auf Kernfragen zugeschnittener Expertendialog. Diesmal leitete Robinson Gespräche über eine geplante Gesetztesreform, die Chinas bislang willkürliche Einweisung Andersdenkender in „Umerziehungslager“ neu regeln soll. Demnächst folgen in China UN-Seminare über das Verhältnis von Polizei und Menschenrechten. Das entspricht einer Dialogregel, wie sie Chinas Vize-Außenminister Wang Guangya am Montag formulierte: „Bei einfachen Problemen beginnen und den Fortschritt nach und nach suchen.“

Allerdings gibt es in China kaum einfache Menschenrechtsprobleme. Beispiel „Umerziehung“ in Arbeitslagern. Hier gehe man mit den Gefangenen wie „Lehrer mit ihren Schülern oder Eltern mit ihren Kindern um“, sagte gestern Chinas neuer Sektenbeauftragter Liu Jing. Seine Rede, die Robinson das Schaudern gelehrt hätte, betraf die derzeit aktuellste Menschenrechtsfrage: Was geschieht mit den Anhängern der verbotenen Falun-Gong-Sekte? Werden sie zu tausenden ohne Prozess weggesperrt und gefoltert, wie Falun Gong berichtet. Oder hat die Regierung Recht, die gestern die Sekte für den Tod von 1.660 Anhänger verantwortlich machte?

Falun Gong wird in Genf die China-Debatte beherrschen. Für die US-Regierung bietet sich das Thema schon wegen der dramatischen Bilder von Festnahmen auf Pekings Tiananmen-Platz an. Im Gegenzug wird Chinas Regierung amerikanische Menschenrechtsverletzungen brandmarken. Gestern veröffentlichte sie schon einen entsprechenden Bericht. Den USA wird Justizmissbrauch sowie rassistische und sexuelle Diskriminierung vorgeworfen. Zudem wird kritisiert, dass die Kluft zwischen Arm und Reich in den USA wachse und Washington sich ständig in Menschenrechtsangelegenheiten anderer Staaten einmische.

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