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Der Sportler trinkt gerne

Die Bundesregierung setzt auf die Kraft des Sports. Er soll angeblich vor Drogen und Gewalt schützen. Stimmt nicht. Eine neue Studie beweist das Gegenteil. Wichtig ist vielmehr, dass die Jugendlichen im Verein auch sozialpädagogisch betreut werden

von NICOLE MASCHLER

Innenminister Otto Schily (SPD) selbst stellte im Januar die neu aufgelegte Kampagne „Sport gegen Gewalt und Drogen“ vor: 88.000 Plakate bundesweit, die alten Fußballhasen Rudi Völler und Kalle Rummenigge als Aushängeschilder. Die Botschaft: Die Bundesregierung macht mobil in Sachen Jugendarbeit. Doch nun untergräbt eine neue Studie das Bild: Auch Sportvereine schützen nicht vor Gewalt und Drogenmissbrauch, hat der Paderborner Sportwissenschaftler Wolf-Dietrich Brettschneider in einer Studie für die Landesregierung Nordrhein-Westfalens herausgefunden. Gestern stellte Sportminister Michael Vesper (Grüne) in Düsseldorf die Ergebnisse vor.

Rund 1.600 Schüler im Alter von 12 bis 18 Jahren hat Brettschneider zwischen 1998 und 2000 befragt. Fazit: Weder auf die emotionale Stabilität noch auf die allgemeine Entwicklung wirkte sich die Vereinsmitgliedschaft positiv aus.

Mehr noch: Beim Alkohol sind junge Vereinssportler keineswegs zurückhaltender als Nichtmitglieder. Vereinsfußballer sind sogar Spitzenreiter beim Bier- und Zigarettenkonsum. Auch bei illegalen Drogen gibt es keine Unterschiede. Die Wirkung der Vereine auf die Jugendlichen müsse relativiert werden, glaubt Brettschneider. Diese könnten nicht „die Rolle eines Reparaturbetriebes für gesellschaftliche Defizite übernehmen“. Zwar spricht der Experte dem Sport sein soziales Potenzial nicht ab. Nötig sei aber „mehr Realitätssinn und mehr Bescheidenheit“, um dieses auch zu erschließen.

Der Deutsche Sportbund (DSB), Partner der „Sport gegen Gewalt und Drogen“-Kampagne, reagierte gestern zurückhaltend auf die Studie. „Jahrelang wurde der Eindruck vermittelt, dass der Sport Alheilmittel für gesellschaftliche Probleme ist“, sagte DSB-Sprecher Harald Pieper der taz. Damit sei er überfordert.

Von den 87.000 Sportvereinen in Deutschland könnten nur die Großvereine die Jugendlichen auch sozialpädagogisch betreuen. Die kleinen, so Pieper, seien schon von ihrer personellen Situation her überfordert.

Dennoch könnten die Vereine die Studie nicht einfach ignorieren. Aufgabe müsse nun sein, die Jugendarbeit flächendeckend zu verbessern. „Das bedarf auch staatlicher Förderung durch Bund und Länder“, so Pieper. Neben dem Bundesjugendplan, aus dessen Mitteln nicht nur Sportvereine, sondern auch andere Jugendinitiativen unterstützt werden, beschränkt sich der Bund auf die Unterstützung der Kampagne „Sport gegen Gewalt und Drogen“ – für die er zwei Millionen Mark bereitstellt.

Die Kampagne sieht Pieper jedoch kritisch. Wenn nur ein Bruchteil der Summe an örtliche Sportvereine ginge, bringe das wesentlich mehr. „Die sind viel näher an den Jugendlichen dran.“ Das Innenministerium gab sich gestern wortkarg. Die Studie, hieß es, müsse zunächst von Fachleuten geprüft werden.

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