: Strahlendes Biblis
Deutsches Atomforum weist höchste radioaktive Belastung aller AKW-Belegschaften in Deutschland aus
FRANKFURT/MAIN taz ■ „Das Personal der Atomkraftwerke Biblis A und B war das am meisten radioaktiv gefährdete in Deutschland.“ Das erklärten der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und der BUND-Landesverband Hessen gestern in Frankfurt – mit Verweis auf den Jahresbericht 1999 des Deutschen Atomforums. Der listet die Strahlenbelastungswerte für die Belegschaften aller Atomkraftwerke in Deutschland (Messwert: Sievert pro Jahr) auf. Für die Blöcke A oder B in Biblis wurde in den Jahren von 1993 bis 1999 der höchste Wert an „kollektiver Strahlenbelastung“ ermittelt.
Durchschnittlich 4,89 Sievert (Block A) oder 4,36 Sievert (Block B) bekam die Belegschaft in diesem Zeitraum ab – die Spitzenwerte unter den deutschen AKWs. Zum Vergleich: Den geringsten Durchschnittswert weist mit 0,14 Sievert das AKW Emsland aus, das AKW Unterweser mit 1,96 den dritthöchsten. Das sind immer noch 2,39 weniger als bei Block B in Biblis.
Noch gravierender falle das Ergebnis bei der Betrachtung einzelner „Ausreißerjahre“ aus, erklärte BBU-Vorstand Eduard Bernhard. 1994 und 1995 etwa habe die jährliche Strahlendosis für die Belegschaft in Block A 9,04 Sievert betragen, die für Block B 7,48 – den Grenzwert siedeln einige Experten bei 10 Sievert an. Was die Zahlen noch verschlimmere, so Michael Rothkegel vom BUND, sei, dass beide hessischen Blöcke zu denen mit der geringsten Jahreslaufzeit gehörten. Oft lagen die Reaktoren wegen Störfällen oder Revisionsarbeiten still – trotzdem wurde gerade hier die höchste kollektive Belastung ermittelt. Rothkegel: „Möglicherweise gab es Einzelereignisse, deren Strahlung den Durchschnitt in Höhe trieb.“
BUND und BBU forderten den hessischen Umweltminister Dietzel (CDU) auf, entsprechende Untersuchungen zur Klärung der Vorgänge in Biblis einzuleiten und im Rahmen einer Sofortmaßnahme das Personal vor der hohen Strahlung zu schützen. BBU-Vorstand Bernhardt: „Am besten durch sofortige Stilllegung wenigstens von Block A.“
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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