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Anonyme Tritte gegen Trittin

Die Spekulationsmaschine läuft: Täglich wird eine neue Meldung kolportiert, dass die Ablösung des grünen Umweltministers angeblich nur noch eine Frage der Zeit sein soll

BERLIN taz ■ Zurzeit vergeht kein Tag ohne negative Pressemeldung über Umweltminister Jürgen Trittin. Diesmal schreiben Berliner und Stuttgarter Zeitung, „führende Grüne“ hätten bereits Absprachen über seine Ablösung getroffen. Ein großer Teil der Fraktion sei nur unter der Bedingung bereit gewesen, im Bundestag für Trittin zu stimmen, dass dieser gedrängt wird, bis zur Sommerpause zurückzutreten. Als Quelle wird ein „Mitglied der Fraktion“ angegeben.

Die Parteichefs Fritz Kuhn und Claudia Roth dementieren prompt. Die Berichte entbehrten „jeder Grundlage“, weshalb sich auch „Spekulationen um mögliche Nachfolger“ erübrigten. Ohne Grundlage mögen die Berichte sein, aber nicht ohne Wirkung. Vor den Landtagswahlen wurden in diversen Zeitungen, natürlich anonym, Grüne zitiert, die Trittins Schicksal mit dem Wahlausgang verknüpften.

Besagte Absprache wird es wohl kaum geben. Sie macht politisch wenig Sinn. Mit welchem Druckmittel will man Trittin noch zum Rücktritt drängen, nachdem er vom Bundestag bestätigt wurde? Wie soll so eine Absprache eines „großen Teils“ der Fraktion angesichts der Redseligkeit grüner Fraktionäre drei Tage geheim bleiben? Aber ein Zeitungsartikel tut's ja auch. Nach dem Prinzip, dass etwas wahr wird, wenn man es nur oft genug wiederholt.

Es ist richtig, dass viele Grüne am Montag in der Fraktionssitzung erklärten, sie zweifelten daran, dass Trittin die vielen von ihm angeschobenen Themen noch mit dem nötigen Standing durchfechten und im Wahlkampf vertreten kann. Solche Pressemeldungen machen die Lage nicht besser. Es sei denn, sie haben Erfolg. URB

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