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Durch „America first“ zur europäischen Integration

Mindestens vier Jahre werden wir uns den grinsenden Cowboy George W. Bush nun anschauen müssen. Wie er da sitzt, ziemlich uninteressiert zu seinem Besucher schaut – sei dies nun Schröder oder Blair oder ein anderer europäischer Regierungschef – und bar jeder diplomatischen Floskel erklärt: Kioto-Protokoll schön und gut, aber ich werde tun, was für die US-Wirtschaft gut ist. Dass er damit vorrangig die Eigentümer der Öl- und Kohledreckschleudern meint, die Bushs Wahlkampf gesponsert haben, weiß natürlich auch der jeweilige Gast, und das macht die Sache nicht besser.

Bush entblödet sich nicht zu behaupten, in den USA gebe es eine Energiekrise. Dabei kostet dort der Liter Benzin immer noch 50 Pfennig, und die Mehrzahl der Amerikaner käme nicht einmal im Traum auf die Idee, Energie zu sparen. „America first“, der Rest der Welt kann uns mal – diese Haltung hat Präsident Bush nicht nur in der Frage der globalen Klimakatastrophe eingenommen. Das neue Star-Wars-Programm NMD und der Konfrontationskurs gegenüber Russland entspringen derselben Geisteshaltung. Offenbar ist der neue US-Präsident tatsächlich zu dumm, um zu begreifen, dass sein stupides America first in Zeiten der globalen Bedrohungen der Umwelt, der globalen Ökonomie und der globalen Sicherheitsfragen letztlich auch den USA schadet. Auch, aber nicht nur.

Angesichts dessen versuchen Gerhard Schröder und die anderen EU-Bosse es derzeit erst einmal mit Schadensbegrenzung. Kein offener Widerspruch, keine Konflikteskalation. Bleibt Bush bei seiner Haltung, wird Europa jedoch um echte Konsequenzen nicht herumkommen. Konkret heißt das: Klimapolitik und militärische Zusammenarbeit ohne und wirtschaftliche Konkurrenz gegen die USA. Während des Kalten Krieges wurde die Sowjetunion unfreiwillig zur Geburtshelferin des vereinten Europas. Cowboy Bush könnte so letztendlich unfreiwillig zum Katalysator für die europäische Integration werden. JÜRGEN GOTTSCHLICH

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