: RZ-Prozess muss neu aufgerollt werden
Rudolf Schindler soll auch in Berlin vor Gericht. Prozessunterbrechung bis Mai. Anwälte fordern Haftprüfung
Der Prozess gegen die mutmaßlichen Mitglieder der Revolutionären Zellen (RZ) muss wahrscheinlich neu aufgrollt werden. Denn der mutmaßliche Exterrorist Rudolf Schindler soll nun mit auf die Anklagebank. Voraussichtlich, so erklärte die Vorsitzende Richterin Gisela Hennig, wird der Prozess Mitte Mai neu anfangen.
Dass das Kammergericht diesen Beschluss nicht endgültig am gestrigen dritten Verhandlungstag fällen konnte, liegt vor allem am bürokratischen Chaos der Strafverfolger. Die Akten Schindlers wurden vom Berliner Zweiten Strafsenat via Bundesanwaltschaft (BAW) nach Karlsruhe geschickt, um sie von dort aus zum jetzt zuständigen Ersten Senat zurück nach Berlin zu senden. Die endgültige Entscheidung kann das Kammergericht nun erst am kommenden Donnerstag verkünden.
Der 58-jährige Schindler müsste sich dann gemeinsam mit den vier bisherigen Angeklagten wegen angeblicher Beteiligung an Anschlägen einer Berliner RZ in den Achtzigerjahren verantworten. Zudem wirft ihm die Bundesanwaltschaft die Rädelsführerschaft in der militanten Gruppe vor.
Im Februar war Schindler im Frankfurter Prozess wegen des Überfalls auf die Wiener Opec-Konferenz 1975 vom Vorwurf der RZ-Mitgliedschaft freigesprochen worden. Auf Intervention der BAW hatte der Bundesgerichtshof (BGH) am vergangenen Freitag aber entschieden, dass Schindler erneut vor Gericht muss. Schließlich sei die RZ-Gruppe, der Schindler von 1975 bis 1978 angehört habe, wegen der „zwischenzeitlichen Umstrukturierung und des Wandels in den Zielsetzungen“ in den Jahren 1976 bis 1981 „nicht die gleiche terroristische Vereinigung“ wie die Berliner Zelle. Eine ungewöhnliche Begründung. Bisher hatten BGH und BAW stets die Kontinuität von RAF und RZ betont, um einen möglichst großen Spielraum für deren strafrechtliche Verfolgung zu sichern.
Die VerteidigerInnen der vier bisherigen Berliner Angeklagten plädieren wegen der Prozessverzögerung nun für eine Aufhebung der Untersuchungshaft. Ein Verteidiger kündigte an, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, wenn diese Frage nicht zu Gunsten seines Mandanten entschieden werde. Zunächst hat aber die Berliner Richterin das Wort. Für kommenden Donnerstag ist ein mündlicher Haftptüfungstermin angesetzt.
WOLF-DIETER VOGEL
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