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Basta: Staatsorchester wird GmbH

■ Morgen beschließt der Senat, das Philharmonische Staatsorchester zu privatisieren. Die Musiker fürchten, ihr Orchestern werde auf dem aktuellen, zweitrangigen Status eingefroren

Morgen wird der Senat beschließen, dass das Bremer Staatsorchester privatisiert werden soll. „Wir wissen von nichts“, sagt Orchestervorstand Florian Baumann. Ohne Zustimmung des Orchesters wird es aber vermutlich nicht gehen – immerhin sind die Musiker derzeit Staatsangestellte und sollen zu dem neuen Arbeitgeber, der Orchester-GmbH, überwechseln.

So ganz sicher ist sich der Bremer Kultursenator auch nicht bei dem, was er da zum Beschluss vorschlägt. „Tendenzbeschluss“ steht über dem Papier, und für die Information der Öffentlichkeit sei das Thema „gegenwärtig nicht geeignet“. Dass nicht einmal die direkt Betroffenen informiert werden sollen, ist eine der „offenen Fragen“, die das Ressort noch klären muss. Vor zwei Jahre gab es ein Gutachten, das die Privatisierung vorschlug. Die Idee des scheidenden Kultursenators Bernt Schulte (CDU): Die Musiker sollen an ihrer eigenen Arbeitgeber-Firma beteiligt werden. „Das kommt nicht in Frage“, haben die Orchestermitglieder im Herbst 2000 dazu gesagt. „Seitdem haben wir nichts mehr gehört“, sagt Orchestervorstand Baumann. So wissen die Musiker auch nicht, dass in dem Tendenzbeschluss der finanzielle Rahmen für ihre Arbeit festgezurrt werden soll: 10,4 Millionen Mark hat das Orchester im Jahr 2000 als Zuschuss bekommen – er soll um „circa. eine Millionen Mark“ aufgestockt und dann eingefroren werden. Tarifsteigerungen und sonstige Kosten-Steigerungen soll das Orchester selbst „erwirtschaften“.

Für das Orchester geht es zunächst einmal um die Arbeitsbedingungen: „Wir haben kein Orchesterbüro, keinen Stab, keinen Marketing-Etat, nichts von dem, was vergleichbare Orchester an Struktur haben“, sagt Baumann. In Bochum verfüge das Orchester über sieben Mitarbeiter für die organisatorischen Arbeiten. Zudem präsentiert sich das Bremer Staatsorchester als „A-Orchester“ – nach gültigem Standard eine Formation von 99 Musikern. In Bremen sind derzeit jedoch nur 73,25 Stellen besetzt. „Wir suchen gerade einen neuen Generalmusik-Direktor“, also einen Dirigenten, sagt Baumann. In der Stellenausschreibung wird der Leiter für ein „A-Orchester“ gesucht. Den Bewerbern muss zuerst vermittelt werden, dass nur 75 Prozent der Stellen vorhanden sind, das Etikett also Schwindel ist. „Wir haben keinen Solo-Hornisten, keinen Solo-Bass, das müssen Sie Bewerbern erst einmal klar machen“, sagt der Orchester-Vorstand Baumann. Für das Orchester ist also vordringlich, dass die Arbeitsgrundlagen für ein „A-Orchester“ erst einmal hergestellt werden. Dann könne man darüber reden, welche Organisationsform angemessen ist. „Wir haben bisher für die private GmbH-Form kein Argument gehört“, sagt Baumann. Erkennbar sei nur, dass der Senator als Veranstalter einerseits investiert, nämlich in die Glocke, andererseits die Verantwortung für das Orchester abgeben will

Die Philharmonische Gesellschaft, ein ehrenamtlich für das Staatsorchester arbeitender Verein, hat ihren Vertrag mit der Stadt, zwölf Konzerte des Staatsorchesters im Jahr zu organisieren, zum Juni 2002 gekündigt. Für die Saison 2002/2003 werden somit keine Verträge mehr geschlossen. Die Zeit drängt. Die Alternative, so beschreibt es der Kultursenator, wäre: „Das Philharmonische Staatsorchester wird als Theaterorchester in die Bremer Theater-GmbH überführt.“

Der neue Kultursenator muss, wenn er im September im Amt ist, ganz schnell dem Orchester die Idee mit der GmbH erklären. Am 25.9.2001 schon soll die Privatisierung des Orchesters im Senat definitiv beschlossen werden. K.W.

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