: Schwarze Schatten auf roten Rosen
■ Inzwischen gibt es ein Blumen-Label gegen Kinderarbeit / Auch Bremer Floristen beteiligen sich an dem Programm, das die Arbeitsbedinungen verbessert
„Für Dich soll's rote Rosen regnen“, säuselte schon die Knef. Fraglich jedoch, ob der Regen ein Segen ist. Die vollblühende Rose, eben noch für 'nen Heiermann vom flüchtigen Bekannten für die Liebste erstanden, hat aber leider Dornem, die im Herkunftsland tiefe Wunden in Kinderhände stechen.
Da ist der alte Hippi-Song mit seiner Frage „Sag mir, wo(her) die Blumen sind“, schon treffender. Denn nicht alles, was auf dem Markt als „Blumen aus Amsterdam“ angeboten wird, ist auch tatsächlich im Nachbarland gewachsen. Denn die holländischen Börsen sind der größte Umschlagplatz für Pflanzen, meint zum Beispiel Wolfgang Nacke, Vorsitzender vom Fachverband Deutscher Floristen in Bremen. Inzwischen kommt gar jede dritte Schnittblume auf dem Weltmarkt aus einem Entwicklungsland. Besonders in Lateinamerika und Afrika ist die Blumenindustrie ein wichtiger wirtschaftlicher Sektor mit vielen Arbeitsplätzen.
Klar ist, dass Liebchens Rose einen langen Weg hinter sich hat, bis sie in Bremen-Huchting in der Vase landet. Damit die Baccara aber nicht gleich den roten Kopf hängen läßt, muss die Blume ein wenig haltbar gemacht werden. Mit Pestiziden.
Was aber geschieht im fernen Afrika, wenn sich der Nebel der Pestizide auf die Blüten senkt? Schutzanzüge sind selten auf den großen Blumenplantagen. Die Pestizide kleben auf die Haut der ArbeiterInnen und verursachen schwere gesundheitliche Schäden. Dabei ist die Liste der schlechten Arbeitsbedingungen dort ohnehin schon lang: Arbeitszeiten von 54 Stunden pro Woche sind keine Seltenheit. Und der Hungerlohn reicht nicht aus, um die Familien zu ernähren. Dewegen müssen schon Kinder in den Plantagen arbeiten. Gewerkschaftliche Organisationen werden untersagt. Wer sich beschwert, fliegt raus.
Frei nach dem Motto: Blumen sollen Freude machen – und zwar auf beiden Seiten, schlossen sich jetzt verschiedene Organisationen zusammen und gründeten das „Flower Label Program“ (FLP), das kürzlich in Bremen vorgestellt wurde. Plantagen, die unter diesem Zeichen produzieren, verpflichten sich zu fairen Arbeitsbedingungen. Die Arbeiter werden tariflich bezahlt, der überwiegende Teil ist fest angestellt. Somit haben Frauen ein Recht auf bezahlten Mutterschutz. Der Einsatz von Pestiziden wird verringert oder der Umgang mit den Giftstoffen besonders geschult. Zusätzliche soziale Leistungen wie eine subventionierte „Werkskantiene“ oder der kostenlose Transport zur Plantage sind ebenfalls garantiert.
„Bisher produzieren 50 Farmen in Äquador, Kenia, Tansania und Simbabwe unter unserm Label“, sagt Frank Brassel, Koordinator der Blumenkampagne: „Die Farmer kommen freiwillig auf uns zu. Sie erhoffen sich durch das Label bessere Absatzchancen auf dem europäischen Markt. Denn immer mehr Importeure fordern fair trade“.
Somit kann auch der einzelne Romeo schon beim Kauf einer Rose etwas für die Menschenrechte tun. Er muss nur im Fachladen nach einer FLP-Blüte fragen. „Der Kunde nervt den Händler, der Händler nervt den Importeur, und der Importeur nervt den Erzeuger“, erklärt der Florist Nacke. Allerdings gibt Nacke zu bedenken, dass es selbst mit bestem Floristen-Willen keinen bunten Strauß ohne Petizide und Kinderarbeit gibt: „Es werden nur ein paar Blumenarten unter dem Label produziert. Und auch in Afrika gibt es eine Saison. Es sind also nicht immer alle Blumen zu haben“.
Die Fachverbände raten: Augen auf beim Blumenkauf– in doppelter Hinsicht: Entweder nach Label-Blumen fragen oder auf andere Pflänzchen zurückgreifen. „Mein kleiner grüner Kaktus, steht draußen auf–m Balkon ..“.
Sandra Voß.
Unter www.fian.de sind alle Läden in postalischer Reihenfolge aufgeführt, bei denen das FLP-Button an der Tür klebt.
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