: Sensibilisierung der Genossen
SPD veranstaltet Podiumsdiskussion über Einwanderung. Kirche: Illegale legalisieren. Industrie- und Handelskammer: Auch Zuwanderungsgesetz für Nicht-Asylbewerber
Um die Berliner Genossen für das Thema Zuwanderung zu sensibilisieren, veranstaltete die SPD Tempelhof-Schöneberg am Samstag einen Migrationskongress im Rathaus Schöneberg.
Bei der Podiumsdiskussion forderten sowohl Vertreter der katholischen Kirche als auch der Wirtschaft die Bundesregierung dazu auf, noch vor den Wahlen im Herbst 2002 das Problem der illegal in Deutschland lebenden Ausländer anzugehen. „Die Illegalität von Zuwandern muss vermindert und verhindert werden. Ich halte es für falsch, das Thema in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu regeln“, sagte die erzbischöfliche Beauftragte für Migrationsfragen, Schwester Cornelia Bührle.
Bereits am vergangenen Montag hatte sich die Kirche für die so genannten Papierlosen stark gemacht, deren Zahl man für Berlin auf 100.000 schätzt. In einem Interview mit dem Tagesspiegel forderte Kardinal Georg Sterzinsky für die Illegalen „Recht auf Lohn“ und für deren Kinder „Recht auf Bildung“. Damit distanzierte er sich deutlich vom Kurs der Unionsparteien: „Die fragen ja nur: Was tut uns Deutschen gut an Einwanderung? Wir hingegen fragen: Was tut denen gut, die kommen?“
Der Wirtschaftsvertreter blies beim SPD-Kongress auf dem Podium ins gleiche Horn: „Nach unserem Recht gilt eine ganze Gruppe als illegal. Diese Kriminalisierung ist kein Ausweg“, sagte der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, Volkmar Strauch. Deutschland brauche endlich ein Zuwanderungsgesetz, das auch Nicht-Asylbewerbern einen Zugang ermögliche. „Je illegaler,desto billiger sind die Arbeitskräfte“, meinte Strauch. Ein solcher Niedriglohnsektor im Land könne auch den deutschen Arbeitnehmern nicht recht sein.
Am 4. Juli wird die Einwanderungskommission der Bundesregierung unter Leitung von Exbundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) ihre Ergebnisse präsentieren. Bisher sei das Thema Zuwanderung in seiner Partei mit vielen Vorbehalten behaftet, so der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Andreas Matthae. Da es Berlin als Einwanderungsstadt jedoch besonders betrifft, will der Landesverband die Diskussion unter den Genossen am Laufen halten. In einer nächsten Veranstaltung soll Süssmuth über ihre Arbeit in der Kommission berichten.
ANTJE LANG-LENDORFF
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