schlachtensee: Chance verkauft
Nicht ganz zu Unrecht heißt es, Berlin sei eine Hauptstadt der Architektur. Nur die abgebrühtesten Urbanisten glauben jedoch, dass sich dieser Titel auf die Hervorbringungen der Nachwendezeit bezieht, auf das Hotel Adlon etwa oder die Kollhoff-Kolonnaden in Charlottenburg. Tatsächlich aber ist Berlin eine Stadt der Moderne. Dass die nicht nur gleichbedeutend ist mit der DDR-Architektur, hat die Kontroverse um das Studentendorf Schlachtensee in den vergangenen Monaten ins Gedächtnis gerufen.
Kommentar von UWE RADA
Umso unverzeihlicher ist es nun, wenn der Vergabeausschuss des Bausenators das denkmalgeschütze Ensemble aus den Fünfzigerjahren einem Investor zuschanzt, der nichts anderes im Sinn hat als Abriss. Zugegeben: Der Abriss war, allen Protesten zum Trotz, längst besiegelt.
Gleichwohl hatte sich mit dem jüngsten Angebot der Studenten eine Alternative aufgetan. 23,5 Millionen Mark hätte ein Geldgeber aus dem „grünen Kapitalmarkt“ aufgeboten, genauso viel, wie der Senat aus dem Verkauf des Studentendorfs einzunehmen gedachte. Auch für den Bausenator wäre das eine Alternative gewesen, hätte er doch das Ensemble verkaufen und retten können. Solche Chancen bieten sich nicht oft bei gefährdeten Denkmälern.
Doch Peter Strieder hat sie vergeben. Er hat ein paar mehr Millionen eingenommen, aber eine riesige Chance vertan. Das ist kein gutes Omen für die Entscheidungen der kommenden Monate und Jahre. Folgen städtebauliche Entscheidungen in Zukunft nur noch dem Diktum der Haushaltslage, kann von Stadtentwicklungspolitik eigentlich keine Rede mehr sein. Dann sollte man zumindest so konsequent sein und gleich noch ein paar Millionen einsparen: durch die Abschaffung der Stelle des Stadtentwicklungssenators.
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