DIE ZEIT DER ALTERNATIVEN GENERATIONENPROJEKTE IST NOCH NICHT VORBEI: Ökobank musste nicht scheitern
Drei Vorzeigeprojekte hat die alternative Szene der 70er- und 80er-Jahre entworfen und dann auch realisiert: die Grünen, die taz – und die Ökobank. Den Grünen und der taz geht es aktuell so gut nicht. Und das liegt nicht nur am Sommerloch. Aber die Partei lebt noch. Und die Zeitung auch. Der Ökobank dagegen geht es überhaupt nicht mehr. Rückwirkend zum Silvestertag 2000 ist die etwas andere Bank in den Besitz einer Vollbank aus dem Dunstkreis des Bundesverbandes der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) übergegangen. Dort werden keine Turnschuhe getragen; und die Philosophie ist nicht mehr grün, sondern nur noch gelb: die Farbe des Geldes. Ist das Zeitalter der Alternativen (1970–2000) also bald endgültig Historie? Die Generationenprojekte obsolet?
Nein. Denn für ein Scheitern gibt es immer Gründe. Meist spezielle; selten zeitgeschichtliche. Avanti dilettanti, so hieß es bei der Ökobank viel zu lange. So spielten etwa Bonitätsprüfungen auch bei der Vergabe von Großkrediten oft eine nur marginale Rolle. Gewährt wurden sie gerne und reichlich an sympathische Zeitgenossen mit – verblüffenden – Ideen. Die zahlten sich dann jedoch oft nicht aus. Und auch bei vielen Angestellten der Ökobank dauerte der Prozess der Bewusstwerdung darüber, dass eine Bank nicht geführt werden kann wie ein Körnerladen, länger, als es für das Überleben der Bank gut war. Andere wollten zu schnell zu viel: etwa eine Bilanzsumme über der Schallmauer von einer Milliarde Mark.
Erst als die Hütte schon in Flammen stand, wurde 1999 nach der Feuerwehr gerufen. Die kam auch: in Gestalt der Sanierer vom Sicherungsfonds der Genossenschaftsbanken. Die nahmen sich der Ökobank an – und sanierten sie zu Tode. Die Ökobanker, für die ihre Bank mehr war als ein Kreditinstitut, hatten sich in ihrer Not genau die falschen Helfer ins Haus geholt: Kooperationsversuche mit anderen Alternativbanken wurden vom neuen Vorstand sabotiert und die Ökobank zum Verkauf ihrer Mehrheitsanteile an einen lukrativen grünen Investmentfonds genötigt. Den Vertretern der Genossen blieb am Wochenende – angesichts der desolaten Lage der Bank und der von den Sanierern geschaffenen Fakten – nichts mehr anderes übrig, als die Sache abzunicken und die Trauergemeinde zu stellen.
Dumm gelaufen. Aber selbst schuld. Denn eigentlich boomen grüne Anlagen; und europäische Alternativbanken machen – langsam – ihren Schnitt. Und was lernen die Grünen und die taz aus dem Scheitern der Ökobank? Den Idealen treu bleiben, weiter professionalisieren; und dann wachsen auf solider Grundlage. Gesagt. Getan?
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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