: Der kurze Traum für Valensina
■ Landesbank kündigte Kredite für Valensina-Produzenten / 80-jähriger Unternehmer Dittmeyer sucht verzweifelt neue Geldgeber für die Fortsetzung seines Traums von seiner Marke
Er habe nicht lange nachgedacht, gestand der Valensina-Mann Ralf H. Dittmeyer anlässlich seines 80-sten Geburtstages im April dieses Jahres, als er sich 1998 entschied, „seine“ Marke Valensina zurückzukaufen von dem US-amerikanischen Konzern Procter&Gamble. „Das ist mein Leben“, mit diesen Worten beschreibt Dittmeyer immer wieder sein Verhältnis zu seiner Marke. Dazwischen ist in der Tat kein Platz für Nachdenken.
Zur Vorgeschichte: Procter&Gamble, ein ganz Großer der Lebensmittelbranche (Jahresumsatz 6,9 Milliarden Mark in Deutschland), hatte sich entschieden, mit drastischen Preissenkungen neues Terrain zu erobern. Ariel und Pampers wurden deutlich billiger, und eben auch Valensina. Für Dittmeyer war das eine Strategie, seine Marke kaputtzumachen.
Er kaufte den Titel zurück, verpfändete seine großen Apfelsinen-Plantagen in Spanien und baute in einer überdimensionierten Halle am Europa-Hafen eine neue Abfüllanlage für seine Marke auf. Von einer 100-Millionen-Mark-Investition war die Rede. Während in den Supermärkten immer mehr preiswerte „Herstellermarken“ die Markenartikel verdrängen, wollte es der damals 77-Jährige noch einmal wissen.
Nun weiß er es: So geht es nicht. Die Hamburger Landesbank ist schon vor längerer Zeit aus der Finanzierung des Dittmeyer-Traums ausgestiegen, die Bremer Landesbank hat am vergangenen Freitag erklärt, dass es weiteres Geld nicht gibt. Gegenüber buten un binnen redete Dittmeyer am Montag abend immer noch oder schon wieder von Hoffnungen: Ein neuer Interessent habe sich gemeldet und der habe nicht nur an der Marke, sondern auch am Bremer Produktionsstandort Interesse. Ob das mehr ist als ein Schnäppchenjäger? Der amerikanische Wal-Mart hat jedenfalls entschieden, die Marke aus seinen Regalen zu nehmen. Das ist ein böses Signal.
Große Hoffnungen hatte 1998 nicht nur Dittmeyer, sondern auch Bremens damaliger Häfensenator Uwe Beckmeyer. Auch Beckmeyer brauchte aus biografischen Gründen Erfolge, in der Koalition war schon verabredet, seinen Posten wegzurationalisieren. Die Wirtschaftsberater von McKinsey hatten Mitarbeitern des Häfenressorts zudem mangelnden Erfolg in ihrer Akquisitionspolitik bescheinigt. In einem Wettlauf mit den Wirtschaftsförderern des Wirtschaftssenators hatte Beckmeyer daher die Ansiedlung im Hafengebiet durchgesetzt und kostete sie als Beweis dafür, dass er doch etwas zustande bringt, öffentlichkeitswirksam aus. Dittmeyer nutzte Beckmeyers Interessen und redete davon, Schiffe könnten aus Spanien kommend direkt an der Abfüllanlage anlegen. Er rechtfertige damit, warum das preiswerte Kajen-Grundstück des Häfensenators gerade richtig für ihn sei. Da die Stadtentwickler das langgezogene Ufer des Europahafens für die moderne Stadtentwicklung in Anspruch nehmen wollten, verkaufte Beckmeyer an den „Valensina-Onkel“ gleich 1,7 Kilometer der Kaje – mehr, als Dittmeyer in seinen kühnsten Ausbau-Plänen brauchen konnte. Damit war die Sonnenseite des Europahafens weg.
Als bescheidener kleiner Kompromiss wurde im vergangenen Jahr ausgehandelt, dass Dittmeyer wenigstens einen der Schuppen an der Kaje wieder abgeben sollte, um für die Waller Bevölkerung den Zugang zum Hafenbecken und damit zur Weser zu öffnen. Dittmeyer hat diesen Schuppen III, den er auch nicht benötigt, bisher vermietet. Ralf Dittmeyer hat immer erklärt, er sei bereit, diesen Schuppen im Rahmen eines Grundstückstausches abzugeben.
Das ist aber bis heute nicht vollzogen. Wenn andere das Sagen in seinem Unternehmen bekommen, wird der Zugang zum Wasser für Walle möglicherweise noch teurer.
K.W.
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