Herzlichen Glückwunsch

Die Homoehe ist seit gestern Wirklichkeit. Gut hundert Paare ließen ihre Partnerschaft eintragen. Mancherorts mischte sich aber Kummer in den Festtag. Einige Eltern der Brautpaare lehnten ab, ihren Kindern in Liebe und Solidarität zur Seite zu stehen

BERLIN taz ■ Hans-Friedrich Harre, 48 Jahre, und Reinhard Lüschow, 40 Jahre, aus Hannover, waren die Ersten; um 8.20 Uhr hatten sie im Alten Rathaus von Hannover ihre Unterschriften unter den von der Standesbeamtin vorgelegten Partnerschaftsvertrag gesetzt. Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD), der bei dieser Zeremonie anwesend war, lächelte, als die beiden Männer sich glücklich anstrahlten. Lüschow: „Als ich von dem Termin erfuhr, habe ich vor Freude geweint.“

Wie die beiden frisch gefreiten Männer feierten an vielen Orten in der Bundesrepublik (außer in Bayern) etwa 100 schwule und lesbische Paare ihre, so die offizielle Bezeichnung, eingetragene Partnerschaft. In Sachsen-Anhalt wurde die womöglich romantischste Homoehe geschlossen. Im Trauungszimmer der historischen Wasserburg in Gommern erklärten sich Stefan Stuppy und Helfried B. Paul zum Paar. Von Landessozialministerin Gerlinde Kuppe bekamen sie sogar persönlich zwei Sektkelche aus der Staatlichen Glasmanufaktur Harzkristall Derenburg geschenkt. In der Hauptstadt waren zwei Frauen das erste Paar, das sich partnern ließ. Um 9 Uhr gaben sich im Standesamt Schöneberg Gudrun und Angelika Pannier, geborene Baldow, das Jawort. Ringe mit Gravur fertigen zu lassen, so Angelika Pannier, sei nicht möglich gewesen, „Karlsruhe hat ja erst vor drei Wochen den Weg für uns frei gemacht“. Und ihre Frau ergänzt: „Wir haben den Tag im Laufschritt erlebt.“ Und: „Das setzt ein Signal in ganz Europa.“

Dieser erste Tag, an dem eine Partnerschaft zu besiegeln möglich war, hat viele grüne und sozialdemokratische Politikprominenz zu Solidaritätsadressen herausgefordert – Grünenchefin Claudia Roth wie Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Krista Sager ließen es sich nicht nehmen, eines der wichtigsten grünen Reformvorhaben dieser Legislaturperiode durch persönliche Anwesenheit zu feiern. Roth: „Die eingetragene Partnerschaft macht Deutschland liberaler, toleranter und demokratischer. Ich habe das Gefühl, dieser Tag wird Geschichte machen.“

In München freilich dominierte Katerstimmung. Etwa 100 Männer und Frauen demonstrierten vor dem Münchener Rathaus gegen die christsoziale Sabotagepolitik. Das Bundesverfassungsgericht wird in der nächsten Woche entscheiden, ob es Bayern auffordert, noch vor dem Herbst das Partnerschaftsgesetz auch zwischen Main und Alpen zur Geltung zu bringen.

Welke Blumen im Meer der Braut- und Bräutigamsträuße sozusagen gab es dennoch: Bei etlichen Zeremonien weigerten sich die Eltern von PartnerInnen, an diesem Tag der Liebe ihrer Kinder teilzunehmen. Und diese Kaltherzigkeit, die mancherorts die Freudentränen mit Bitterkeit versetzte, verweist darauf, dass die Entwürdigung Homosexueller geringer geworden, das Ende der Diskriminierung allerdings nicht in Sicht ist. Immer noch empfinden es viele Eltern als Schande, wenn die Homosexualität ihrer Kinder bekannt wird – und lassen es ihren Nachwuchs spüren. Mehr noch: Nach wie vor werden schwule Männer und lesbische Frauen Opfer homophober Gewalt. Der erste Hochzeitstag Homosexueller zeigt an, dass sich für Emanzipation und Toleranz zu kämpfen lohnt.

JAN FEDDERSEN

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