piwik no script img

Kommt Steffel zurück?

Nach neuesten Umfragen liegt Klaus Wowereit in der Beliebtheitsskala ganz vorn. Frank Steffel ist abgeschlagen auf dem letzten Platz. Im Sommertheater hat der Mann aber noch Chancen, sagen alle

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Geht es nach den Berliner Wählern, brauchte Frank Steffel aus seinem Urlaub am Tegernsee erst gar nicht an die Spree zurückzukehren. Vielmehr sollte der CDU-Spitzenkandidat in Bayern schon mal um das nachfragen, worum er vergangene Woche CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber gebeten hat: nämlich ob er bei der Schwesterpartei „Exil“ finden kann, falls er in Berlin am 21. Oktober eine Wahlniederlage erlebt.

Und die droht gewaltig. Nach der neuesten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa verliert Steffel zusehends an Boden. Auf der so genannten Sympathieskala landet der CDU-Mann hinter den anderen vier Spitzenkandidaten weit abgeschlagen auf Platz 5. Mit „minus 0,7“ im gesamten Stadtgebiet und „minus 1,4“ im Ostteil Berlins kommt das einer roten Karte gleich – zumal Steffel auch bei den weiblichen Wählern sein Kennedy-Image nicht in Szene setzen kann: Mit „minus 0,5“ schneidet er bei Frauen schlecht ab, die dagegen Klaus Wowereit (SPD) „plus 1,8“ Punkte (von plus 5 bis minus 5) vor allen anderen geben.

„Soll Frank Steffel zurückkommen?“, lautet jetzt die Frage in der Hauptstadt. „Ja“, sagte PDS-Fraktionschef Harald Wolf am Wochenende, der wohl die mögliche rot-rote Koalition ab dem Herbst vergessen hat und „eine Zusammenarbeit mit der CDU auf Landesebene“ mittelfristig nicht ausschließen will. Es gebe „durchaus Vertreter der Union“, mit denen eine „sachliche Politik“ zu machen sei, so Wolf. Was CDU-Jungpolitiker Mario Czaja auch fand: „Ich kann mit eine Zusammenarbeit mit Fachpolitkern der PDS sehr gut vorstellen.“

Wie geht’s also weiter? Einerseits wie gehabt: Wenn es nach der Sympathie ginge, hätten laut Forsa Klaus Wowereit und Gregor Gysi (PDS) die besten Chancen auf den Wahlsieg. Mit „plus 1,5“ rangiert Wowereit bei allen Berlinern auf Platz 1 der Beliebtheitsskala, gefolgt von Gysi, der es insgesamt auf „plus 1,1“ Punkte, davon im Osten auf „plus 2,1“ bringt. Günter Rexrodt (FDP) und Sibyll Klotz (Grüne) liegen fast gleichauf. „Plus/minus 0“ und „minus 0,1“ sind ihre Noten. Auch die politische Stimmung hat sich seit Juli kaum verändert. Wären am Wochenende Wahlen in Berlin gewesen, läge die SPD mit 32 Prozent weiter vor der CDU (30 Prozent). Die PDS (17 Prozent) rangiert vor den Grünen (10 Prozent) und der FPD (7 Prozent). Eine Ampelkoalition wäre demnach ebenso stark wie eine rot-rote Regierung. Rot-Grün allein hätte keine rechnerische Mehrheit.

Andererseits – und damit wären wir wieder bei der Frage: „Soll Steffel zurückkommen?“ – befindet sich der Wahlkampf weiter auf Sommertheaterniveau, als gäbe es nichts Besseres zu tun. Neben Wolf sandte gestern auch das Land Brandenburg Signale an den exilbereiten Steffel. Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und CDU-Innenminister Jörg Schönbohm hoffen laut einem Spiegel-Bericht, die große Koalition in Berlin wiederbeleben zu können. Beide hätten sich auf eine Arbeitsteilung beim Wahlkampf in dem Nachbarland verständigt, so das Blatt. Danach wolle Stolpe vor allem im Osten Berlins auftreten, um die PDS zu schwächen. Schönbohm dagegen werde fast ausschließlich in Westberlin Wahlkampf machen, um die Union zu stärken. Zwar ließ Stolpe die Nachricht gleich dementieren. Doch von einer Neuauflage des Berliner SPD-CDU-Bündnisses versprechen sich die Brandenburger Rückenwind für ihre eigene Koalition.

Und aus noch einem Grund sollte Steffel zurückkommen und sich nicht durch Umfragen mürbe machen lassen. Selbst Sibyll Klotz hat kürzlich geäußert, sie schließe die Zusammenarbeit mit einer „erneuerten CDU“ nicht aus. Also, bei so klaren Verhältnissen einerseits und andererseits so vielen kuriosen Hoffnungen auf CDU-Steffel – den alle (ge)brauchen – muss der Mann zurückkommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen