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Mietschulden erschlagen Musik

■ Das „Moments“ muss Ende des Monats schließen, weil die Miete nicht bezahlt werden kann. Damit bricht nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Bremer Konzertlebens weg, sondern auch eine Institution für das Steintor

Schon lange schwirrten die Gerüchte, jetzt ist es leider Fakt: Das „Moments“ muss schließen. Der Musikclub im Steintor kann seine Mietschulden nicht ausgleichen.

Noch am Montag gab es einen letzten Rettungsversuch: „Moments“-Betreiber Holger Mertins traf sich mit Sparkasse, Ortsamtsleiter und Vermieter, dem er mittlerweile an die 50.000 Mark schuldet.

Doch der wollte sich – im Gegensatz zur Sparkasse – auf keine weiteren Stornierungen einlassen. Joe Schlosser, Geschäftsführer des vermietenden Rüthning-Getränkegroßhandels: „Der Konzertbetrieb ist einfach nicht rentabel, obwohl Mertins ein hervorragender Mann ist. Deswegen haben wir in einem Aufschub keinen Sinn gesehen.“

Die wirtschaftlichen Probleme des „Moments“ bestehen schon seit längerem, seit dem Ausstieg von Kostas Kordas, der parallel zu Mertins Konzerten die Discoveranstaltungen im „Moments“ organisiert hatte. Die waren zur Gegenfinanzierung unerlässlich, lohnten sich aber immer weniger. Das Gesamtdefizit soll mittlerweile bei 200.000 Mark liegen.

Und öffentliche Mittel? Mit 100.000 jährlichem Fördergeld hätte das „Moments“ langfristig weiterbestehen können, meinen Mertins und Schlosser übereinstimmend – der entsprechende Antrag bei der Wirtschaftsförderung sei aber abgelehnt worden, weil das „Moments“ nur „regionale Ausstrahlung“ habe. Beim Kultursenator erkennt man zwar die „Häufigkeit der künstlerisch wertvollen Veranstaltungen“ (Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann), sieht aber keine kurzfristigen Handlungsoptionen.

Die Schließung des „Moments“ reißt ein ziemlich großes Loch. Schließlich waren hier, neben Mertins' Konzertbetrieb, wichtige Reihen wie „Women in (E)motion“, „Sparkasse in Concert“ (zusammen mit Radio Bremen), das Juristen-Kabarett „Libretto Fatale“, das Label „Tradition und Moderne“, früher auch „Who's Uncle Mo?“ zu Hause. Ein produktiver Nährboden also. „Librettist“ Stefan Pulss: „Die Schließung ist eine Katastrophe. Für uns ist das ,Moments' ein idealer Spielort. Wir haben hier jeden Monat drei Aufführungen, immer ausverkauft. Das zieht auch Schwachhausener und Oberneuländer ins Viertel, die sich hier ansonsten gar nicht mehr blicken lassen.“

Diese Problematik sieht auch „Viertel-Bürgermeister“ Robert Bücking: „Die Kulturmeile am Goetheplatz ist gut und schön. Aber wir brauchen dringend qualifizierte Kultur mitten im Viertel. Das ,Moments' ist im Steintor eine tragende Einrichtung. Wenn die wegbricht, ist das ein verheerendes Signal.“

Die Erfahrung zeigt: Wo immer ein guter Laden aufgibt, kommt etwas Drittklassiges hinterher. Dazu Joe Schlosser: „Vom Prinzip her ist alles denkbar, bis jetzt haben sich vor allem Disco-Betreiber gemeldet, um die Räumlichkeiten nachzunutzen.“

Sind also Zustände zu erwarten wie zur Zeit von Mertins Vorgängern, den Betreibern von „Starship“, „XL-“ oder dem „Mix-Club“? Schlosser will für Seriösität sorgen: „Schließlich wollen wir nachhaltig vermieten und keine Verträge, die durch die Behörden beendet werden.“

Ein schwacher Trost für Holger Mertins: Sein Vertrag ist definitv zum 31. August gekündigt, fünf Jahre hätte er regulär noch Bestand gehabt. Das Konzert von „Sofaplanet“ am 30. und 31. August wird der Schwanengesang auf das „Moments sein. HB

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