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In der Hose steckt die Technik

Funktionelle Fahrradbekleidung ist modischer denn je – und sie hält den Radler zumeist auch noch trocken und frisch. Immer neue Kunstfasern machen dem Käufer die Auswahl nicht einfacher. Ein kleiner Ra(d)tgeber

von DORIS FRIEDRICHS

Kaum zu glauben: Noch vor zwanzig Jahren stiegen die meisten Menschen aufs Rad, ohne sich vorher umzuziehen. Selbst für die längere Tour wurde von spezieller Kleidung abgeraten. So die Autoren des Standardwerks „Das Fahrradreisebuch“. „Die Radfahrerhose, jene wollene, fast knielange schwarze Hose mit einem Waschledereinsatz“ siedelten sie „hart an der Grenze zur Rennfahrerkostümierung“ an. Damalige Empfehlung: Tennishosen. Und für die Frauen einen luftigen Hosenrock. Auch für die pralle Sonne hatten die Experten einen simplen Rat: lange Haare oder ein helles Mützchen.

Seither hat sich nicht nur das Fahrradfahren rasant verändert, sondern auch die dazugehörige Bekleidung. Sie erfüllt je nach Ziel- und Altersgruppe ganz unterschiedliche Ansprüche: an Funktion, Komfort und Styling. Und Letzteres sollte nach neuesten Trends street-wearing, natürlich cool und typisch outdooring daherkommen.

Frauen können sich ganz aktuell zwischen sportiven Radtrikots mit floralen Motiven und leichtläufigem Zipper sowie einteiligen Radbodys entscheiden. Straßenrennsportler werden auch in der nächsten Saison hauteng in Erscheinung treten – und traditionell in schwarzen Radhosen. Mountainbikern wird eine Mischung aus Hightech-Outdoor-Bekleidung und eng anliegender Bikewear empfohlen. Soweit zur Verbraucheraufklärung der Hersteller.

Doch was braucht der Radreisende wirklich? Die Radbekleidung sollte vor Nässe, Kälte, Wind und möglichst auch vor zu großer Sonnenbestrahlung schützen. Da aber kein einzelnes Kleidungsstück so viel Allroundtalent besitzt, empfiehlt der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) das Schichtenprinzip: Jede Lage der Bekleidung kann eine bestimmte Funktion erfüllen, einzeln getragen oder flexibel kombiniert werden.

„Der Fahrradjacke kommt dabei eine ganz spezielle Aufgabe zu“, erklärt Eva Förster, Geschäftsführerin des ADFC-Shops. „Sie sollte wasserdicht, atmungsaktiv und möglichst leicht sein. Atmungsaktiv bedeutet, dass der Schweißdampf nach außen abgegeben wird.“ Der neueste Clou auf diesem Gebiet: Membranen, die sogar flüssigen Schweiß nach außen transportieren sollen. Wasserdicht heißt unter anderem, dass die Jackennähte abgedichtet und Reißverschlüsse abgedeckt sein müssen. Eva Förster rät zu Jacken, die einen verlängerten Rücken haben, einen Kordelzug, der die Länge der Jacke regulieren kann, sowie länger geschnittene Ärmel, die an den Bündchen mit Klettverschlüssen ausgestattet sind. Eine Kapuze sollte verstellbar sein, damit man beim Umdrehen nicht hineinschaut.

Bei den Stoffen setzen die Hersteller vornehmlich auf Kunstfasern. Und zwar nicht nur bei Fahrradjacken und Trikots, sondern immer häufiger auch bei der Unterwäsche. Dazu Peter Grote vom Outdoor-Geschäft „Weltenbummler“ in Göttingen: „Baumwolle saugt Schweiß auf und leitet ihn nicht weiter – im Gegensatz zu den Kunstfasern. Sie ist deshalb schwerer und nicht für den so genannten Highend-Bereich zu gebrauchen.“

Doch auch hier gibt es neue Lösungen. Grote: „Seit einem Jahr werden ganz normale Baumwollfasern von einer amerikanischen Firma wasserdicht ummantelt. Dabei behält die Kleidung ihre Baumwolloptik und ihren Tragekomfort, aber sie klebt nicht mehr am Körper.“

Und wie sieht es mit der Weiterentwicklung der wollenen Radhose mit Waschledereinsatz aus? Sie ist aerodynamisch vorgeformten Bikepants gewichen, die teilweise aus sechsbahnigen Spezialschnitten sind. Elasthanffasern sollen die Muskeldurchblutung unterstützen, eingearbeitete nahtlose Sitzpolster für guten Halt auf dem Sattel sorgen. Hört sich nach Hosen-Hightech an. Man könnte auch sagen: Die Technik ist voll in die Hose gegangen.

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