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Nicht Fischer, sondern Schily soll nach Durban fahren

Menschenrechtsgruppen möchten in Südafrika die Übergriffe von deutschen Polizisten auf Ausländer zum Thema machen. Für sie ist Menschenrechtspolitik mehr als nur Außenpolitik. Die Bundesregierung sieht die UN-Konferenz „eher nach außen gerichtet“

BERLIN taz ■ Die Bundesregierung gibt sich aufgeschlossen. „Impulse für die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und anderen Formen der Intoleranz in Deutschland“ erhoffe sie sich von der Konferenz in Durban. Denkanstöße hat Außenminister Joschka Fischer (Grüne), der die deutsche Delegation zum Konferenzauftakt leiten wird, bereits von anderer Seite erhalten: Deutsche Menschenrechtsgruppen werfen der Regierung vor, über fremdenfeindliche Praktiken im eigenen Land lieber zu schweigen. Doch einig sind sich die Nichtregierungsorganisationen in ihrer Kritik an der rot-grünen Regierung nicht.

Innenpolitiker und Ausländerbehörden hätten dazu beigetragen, sagt die Gesellschaft für bedrohte Völker, rassistische Stimmungen in der Bevölkerung zu schüren und Flüchtlinge in ständiger Angst vor Abschiebung zu halten. Der Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, fand noch deutlichere Worte: In ihrem Bericht für die UN-Konferenz verschweige die Regierung diskrimierende Praktiken deutscher Behörden. Erst vor einem Monat hatte eine Untersuchung des nordrhein-westfälischen Arbeitsministeriums ergeben, dass Migranten sich in Ämtern schlecht behandelt fühlen. Der deutsche Konferenzbeitrag, so denn auch Roses unrühmliches Fazit, sei „unaufrichtig“.

Kritik kommt nicht nur von Menschenrechtsgruppen. Als Deutschland im Frühjahr dem UN-Ausschuss gegen Rassismus über die Umsetzung der „Internationalen Konvention gegen Rassendiskriminierung“ Bericht erstattete, fiel dessen Antwort deutlich aus: In der Bundesrepublik, konstatierten die 18 unabhängigen Menschenrechtsexperten im März, gebe es rassistisch motivierte Polizeiübergriffe gegen Ausländer. Deren Zahl sei zwar zurückgegangen. Aber Deutschland, forderte die Expertenrunde, müsse seine Beamten besser ausbilden. In Durban sei daher nicht der Außenminister gefragt, findet Andreas Selmeci von der Gesellschaft für bedrohte Völker, sondern dessen Kabinettskollege, Innenminister Otto Schily (SPD).

Wenngleich mehrere Ressorts der Bundesregierung wie das Entwicklungshilfe- und das Arbeitsministerium in der Delegation für Durban vertreten sind – die Federführung lag beim Auswärtigen Amt. In Deutschland werde Menschenrechtspolitik stets mit der Außenpolitik verkoppelt, kritisiert Andreas Selmeci, „als ob das Thema nicht auch einen innenpolitischen Aspekt hätte“.

Das Auswärtige Amt in Berlin will die Vorwürfe nicht gelten lassen. Anders als etwa die Straßburger Regionalkonferenz zur Rassismusbekämpfung im Oktober behandele der UN-Gipfel von Durban das Thema Rassismus eher in globaler Perspektive, betont eine Ministeriumssprecherin. Die Konferenz in Südafrika sei „eher nach außen gerichtet“.

Und so hat die Bundesregierung ihren Schwerpunkt denn auch auf grundsätzliche Fragen gelegt: Antisemitismus, Rechtsextremismus und rassistischer Missbrauch des Internets, Verbot extremistischer Organisationen, Toleranz zwischen den Religionen. Die spezifisch deutschen Anliegen seien „in wesentlichen Teilen“ in das gemeinsame Positionspapier der Europäischen Union eingeflossen, so die Ministeriumssprecherin.

Wenig Konkretes, findet dagegen Andreas Selmeci. Die Probleme ausländischer Flüchtlinge in Deutschland kämen nicht zur Sprache. Der Regierung gehe es in Durban nur darum, Präsenz zu zeigen, glaubt er. „Diplomatische Winkelzüge sind nicht das, was wir uns unter einem aktiven deutschen Beitrag vorstellen.“

Das sieht Nils Rosemann anders. Er vertritt das Forum Menschenrechte in der deutschen Delegation. Ein Zusammenschluss von mehr als 40 Gruppen, dem auch die Gesellschaft für bedrohte Völker angehört. Allein durch ihre Bereitschaft, in Durban über weltweiten Rassismus zu diskutieren, erkenne die Bundesregierung die Bedeutung des Themas auch für das eigene Land an.

Immerhin 300.000 Mark hat Rot-Grün der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, die die Weltkonferenz als Generalsekretärin vorbereitet, zur Verfügung gestellt. Zudem trägt sie die Teilnahmekosten für deutsche Nichtregierungsorganisationen.

Doch auch Rosemann vom Forum Menschenrechte wünscht sich, dass die Regierung klarer Position bezieht: In Sachen Vergangenheitsbewältigung habe Deutschland in den vergangenen fünfzig Jahren viel geleistet und könne daher Vorbild für andere Nationen sein. „Mit diesem Pfund müsste die Regierung wuchern.“ NICOLE MASCHLER

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