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Fahrräder aus dem Bambuswald

Von dem vietnamesischen Bambooclette gibt es auf der ganzen Welt nur eintausend Exemplare. Die Exoten landen meistens im Museum, obwohl sie verkehrstauglich sind und den Standards moderner Räder entsprechen

Exklusiver geht es nicht: Die handgearbeiteten Pedale sind aus Rosenholz geschnitzt, Rahmen, Sattel und Gepäckträger aus Bambus gefertigt. Wer eines der weltweit rund 1.000 so genannten Bambooclettes besitzt, hat die Bewunderer auf seiner Seite. Allein die fein geflochtenen Schutzbleche sind ein Hingucker.

„Die meisten Bambooclettes landen im Museum“, hat der bisherige Vertriebspartner für Europa Peter Matha festgestellt. Dabei sei das Fahrrad durchaus fahrtauglich und bei einem Preis von unter 1.000 Euro noch bezahlbar. Er selber radelt überwiegend im Sommer damit und erregt in seiner Heimatstadt Klagenfurt in Österreich regelmäßig Aufsehen. „Regen oder Kälte macht dem Rad aber nichts aus“, so der Journalist. Mit der richtigen Pflege, einmal im Jahr muss das Bambooclette gewachst werden, halte das Rad mindestens genauso lange wie jedes herkömmliche Rahmenkonstrukt. Den Bambussattel hat er allerdings schnell ausgetauscht. „Zu viel Reibung“, kommentiert er knapp.

Die Idee, Fahrräder aus Bambus zu bauen, stammt ursprünglich aus Österreich. 1895 entwickelten drei Bastler, deren Namen nicht überliefert sind, erstmals das „Ferlacher Bambusrad“, mit dem zu damaligen Zeiten sogar Rennen gefahren und gewonnen wurden.

Knapp hundert Jahre später kam schließlich der Stararchitekt Quasar Khanh auf die Idee das Bambusfahrrad wieder aus der Traufe zu heben. Diesmal auf dem heutigen Stand der Technik mit Schaltung und 26-Zoll-Rädern sowie Reflektoren in den Speichen, die übrigens nicht aus Bambus, sondern aus handelsüblichem Metall sind.

Seit 1997 werden nach Khans Plänen die Einzelteile des Bambooclette in vietnamesischen Familienbetrieben hergestellt und in Saigon zusammengebaut. Die Schutzbleche werden in einem speziellen Verfahren unter Dampf gebogen. Eckverbindungen werden mit Rattan umwickelt. Die technischen Teile, wie Bremsen und Schaltung, entsprechen westlichem Standard. Alle Sicherheits- und Bruchtests hat das Bambooclette nach Aussagen des Herstellers problemlos bestanden.

Drei verschiedene Modelle sind derzeit auf dem Markt. Das Classic ist mit oder ohne Fünf-Gang-Schaltung zu haben, Country kommt als Mountainbike mit einer 15-Gang-Shimanoschaltung ins Haus. Zu guter Letzt gibt es auch noch Bamboolino, das Fahrrad für den Nachwuchs. Jedes Rad hat eine eingebrannte Seriennummer, doch die war bislang nicht von Belang, denn „bisher wurde noch nie ein Bambusfahrrad gestohlen“, so Matha. Design und Material seien einfach zu auffällig.

Ein Bambooclette zu kaufen, ist nicht ganz einfach. Zumindest in Europa bietet niemand das Zweirad im Einzelhandel an, und da Matha als langjähriger Bambooclette-Vertreter aus Zeitgründen gerade das Handtuch geworfen hat, steht der Kontinent nun ohne Vertrieb für das pflanzliche Vehikel da. Da hilft nur noch der direkte Draht nach Vietnam. Unter Quasarkhanh@reh.vnn.vn kann das Bambooclette geordert werden. Bis es dann vor der eigenen Haustür steht, können, so Matha, jedoch einige Monate vergehen.

CHRISTINE BERGER

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