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Um- oder Aufrührer?

Die Diskursschleife setzt wieder ein: Medienvertreter debattieren über die Macht der Worte und Bilder: „Och, wir machen da auch ein bisschen mit“

von ARNO FRANK

„Wovon wird der Kaffee süß? Vom Zucker? Oder vom Umrühren?“, fragte gleich zu Beginn Dieter Weirich, Intendant der Deutschen Welle und Moderator des Arbeitskreises „Die Macht der Worte – Die Macht der Bilder“. Um die „Umrührer“ sollte es also gehen, um den Umgang der Medien mit ihren Medien Wort und Bild. Ein thematischer Dauerbrenner, umständehalber diesmal mit besonderer Brisanz aufgeladen. „Die schrecklichen Bilder aus New York“, gab Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye zu Protokoll, „habe ich bis jetzt noch nicht verarbeitet.“

Die geladenen Vertreter aus der informationsverarbeitenden Industrie fanden dann doch noch Worte: RTL-Anchorman Peter Kloeppel nahm seinen Sender gegen des Vorwurf des „Infotainment“ in Schutz. Franziska Augstein von der Süddeutschen Zeitung beklagte eine allgemeine Mobilmachung – die ihr Kollege von der Welt (Johann Michael Möller) selbstredend verteidigte, während Matthias Naß von der Zeit den besonnenen Wochenzeitungsblick auf die Dinge repräsentierte. Michael Garthe, Chefredakteur von Helmut Kohls „Hausblatt“ Rheinpfalz, plädierte derweil schlicht für das „Runterbrechen“ weltweiter Neuigkeiten auf Lokalebene. Vor allem am geschulten Kloeppel, dem Vertreter eines besonders verdächtigen Mediums, perlten die kulturkritischen Anwürfe Weirichs entengleich ab: Die aktuelle Berichterstattung zu den Anschlägen in New York hätte „mit Unterhaltung nichts zu tun gehabt“, vielmehr sei man mit den schrecklichen Bildschleifen von der Katastrophe dem „enormen Informationsbedürfnis der Leute“ entgegengekommen. Es schaue halt nicht jeder permanent fern, sodass die TV-Aufbereitung der Ereignisse anderen Gesetzen gehorche als etwa in Tageszeitungen, denen mehr Platz und Muße zur Analyse bleibt.

Eben deshalb störte sich Franziska Augstein an einer Wortwahl, die das „Attentat“ zum „Krieg“ umdeute: „Hält man sich an die Medien, läuft doch seit Tagen alles auf einen Krieg hinaus.“ Entsprechend groß werde die Enttäuschung sein, wenn er denn nicht bald eintritt. Auf die Frage, wie denn die Süddeutsche Zeitung mit dem Problem umgehe, gab Augstein eine ebenso kokette wie bezeichnende Antwort: „Och, wir machen da ein bisschen mit.“

Daher konnte Möller, stellvertretender Chefredakteur der Welt, Augsteins Bedenken als „Gutmenschenlyrik“ abkanzeln. Zwar mag er ungern für die Bild-Zeitung in Haftung genommen werden, hält aber auch den „Streit um Worte“ für müßig. Vorherrschend sei schließlich die fassungslose Betroffenheit, ein Gefühl, dass „der Boulevard“ so ideal und distanziert wie möglich abgebildet habe. Und wofür ihm „die Politik auch ein Stück weit dankbar sein kann, weil sie es jetzt nicht mit einer mäkelnden Öffentlichkeit zu tun hat“. Und so lobte der Springer-Mann im Einklang mit dem Regierungssprecher, „da muss ich jetzt ein bisschen staatstragend sein“, die weitgehend homogen fatalistische Stimmungslage im Lande. Bei so viel Einigkeit über den Sinn boulevardgesteuerter Meinungsmache konnte sogar Matthias Naß das hintergründige Zeit-Extra zu den Anschlägen nonchalant als „Boulevard-Element“ bezeichnen.

Ob denn der investigative Journalismus in Deutschland nicht auf den Hund gekommen sei, wollte Weirich abschließend von der versammelten Medienkompetenz wissen? Es könne nicht jeder Journalist ein Herr Leyendecker sein, bemerkte Kloeppel. Und Johann Michael Möller verwies auf ökonomische Gesichtspunkte und den „Konfirmitätsdruck in einer Branche, die sich auf ihre Pluralität doch so viel zugute hält“. Und schon ging’s wieder in die nächste Kaffeepause. Ohne Zucker, danke.

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