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schnittplatzDas Doppelleben des Leo Kirch

Leo Kirch ist öffentlichkeitsscheu. Dies ist ungefähr genauso neu wie die Nachricht, dass der Medienunternehmer aus Ismaning bei München noch in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert.

Wenn der alte Herr allerdings gleich zwei Zeitungen einen Gesprächstermin nebst Vollverpflegung („Der Fisch wird auf dem Konferenztisch eines kargen Sitzungszimmers serviert. Dazu nur Wasser und nur zum Abschied ein Glas Frankenwein . . .“) schenkt, sollte man genauer hinsehen.

Kirch, so ist in der Samstagsausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zu lesen, setzt weiterhin auf Premiere World, sein bislang höchst Verlust bringendes Engagement für Pay-TV in Deutschland.

Daneben sieht er in unser Medienlandschaft „noch genügend unbesetzte Räume“, die er füllen will. Nicht mit Fernsehen, da sind ihm schon aus Medienkonzentrationsauflagen die Hände gebunden. Außerdem sind die Felle im TV-Markt durch die Familienbildung der letzten zwei Jahre verteilt.

Nein, die regionalen Tageszeitungen geraten wieder in den Blick. Hier kündigt sich nämlich nach für die meisten Verleger fetten Jahren ein Umverteilungsprozess an, der vor allem den Ausverkauf der Kleinen an die Großen bedeuten dürfte. Und Leo Kirch will „beteiligt sein“ an dem, was er „Konsolidierung der Zeitungsmärkte“ nennt und eigentlich neue Konzentrationswelle genannt werden müsste. Die Operationsbasis hat er bereits: Seinen 40-prozentigen Anteil am Axel Springer Verlag.

Das alles hat Kirch der FAZ erzählt, die es – sichtlich von der Persönlichkeit Leo Kirchs beeindruckt – sehr höflich, aber ein bisschen holprig aufschrieb. So holprig anscheinend, dass das redaktionell strikt getrennte, frisch geborene Schwesterblatt Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) gestern die ganze Geschichte noch einmal brachte, als Porträt getarnt: Leo Kirch – „Ein Patriarch mit frommem Herzen“.

Müssen wir jetzt wieder ob der FAS enttäuscht sein? Irgendwie schon. Doch ein Gutes hat das Ganze: Immerhin ein Blatt hat wieder ein frisches Foto vom Medienmogul aus Ismaning. Oder waren es zwei?

STEFFEN GRIMBERG

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