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Fussballkurs für Teds

Sammelbilder mal anders: Die nächsten acht Wochen lang wird Astra im Retro-Schick serviert  ■ Von Philipp Sidhu

Die Tage werden kälter, die Nächte länger und das Astra-Pils bekommt ein heißeres Outfit. In den kommenden acht Wochen werden alle Urtyp Flaschen mit neuen Etiketten versehen. Insgesamt sind sechs Motive erhältlich, die mittels leichtgeschürzter 50er-Jahre-Pin-ups, Begriffe aus der Welt des Fußballs verdeutlichen sollen.

So bückt sich beispielsweise ein Mädchen im knappen St. Pauli Dress nach einem Ball. Das erlaubt dem Trinker einen verschämten Blick auf den Schlüpfer, auf dem „Strafraum“ steht. Ähnlich brillant das „Mittelfeld“, das durch den gerippten Sechserträger des Waschbrettbauches eines Pin-up-Boys dargestellt wird. Sicherlich werden viele passionierte Pilstrinker die Mahnung zu dringend erforderlichen Sit-ups auf der Bierflasche zu schätzen wissen. Sollten sie auch. Denn Hinweise auf Bierflaschen sind besser als joggen und Mineralwasser.

Passend zum Konzept des FC St. Pauli-Sponsors soll mit der neuen Kampagne Fußball „mit einer ordentlichen Portion Sex und Humor“ verbunden werden, so Katrin Oedig, die verantwortliche Art-Direktorin. Dabei soll „der charmante Stil der 50er Jahre“ helfen. Leider erinnern die Etiketten eher an die realen 50er Jahre oder, schlimmer noch, an den Humor dieses Jahrzehnts. Heinz Erhardt hätte seinen Spaß. Letztlich sind die Etiketten sexy und charmant wie Nierentische.

Dabei möchte die Astra-Brauerei doch „frech und ungewöhnlich“ sein und sich mit ihren Werbekampagnen „zur Heimat St. Pauli bekennen“. Gleichzeitig soll „die Verbundenheit mit dem FC St. Pauli“ unterstrichen werden. Dabei tragen die Pin-ups die Trikots der letzten Saison - aber was versteht ein Bier schon von Fußball.

Gestaltet hat die Etiketten der Hamburger Künstler Jean Pierre Kunkel. Laut Oeding „einer der wenigen Maler, die diesen Stil noch beherrschen“. Aller Kritik zum trotz könnte der Plan mit Retro Kitsch zu provozieren aufgehen. Denn was auf Rosinenbomber und im Spind von GI Joe Lust erzeugte, wird wohl auch heute noch Bewohner süddeutscher Bergtäler zu einem Besuch der Herbertstraße und zum anschließenden Pils animieren. Der Rest wird sich eben wie immer vom Geschmack überzeugen lassen müssen.

Die neue Kampagne ist kein Anlass mehr Bier zu trinken, aber: „Ich gehe mal eben Etiketten sammeln“ ist eine überzeugendere Ausrede sich zu amüsieren als „ich lass' mich mal eben volllaufen“.

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