: Geldanlage, aber richtig
Die GLS-Bank vergibt Kredite für Kunst, Kultur und Ökologie. Das Wachstum der Bank war im letzten Jahr überdurchschnittlich. Doch zunehmend wird Geld mit konventionellen Bankgeschäften verdient
von TILMAN VON ROHDEN
Eine Bank für „Leihen und Schenken“? Das klingt nach einer dreisten Werbelüge im Interesse billigen Kundenfangs. Denn bei der GLS, der Gemeinschaft für Leihen und Schenken, geht es zu wie bei jedem x- beliebigen Kreditinstitut.
„Wir sind eine Bank und kein Sozialverein. Jeder Kreditwunsch wird penibel geprüft“, klärt GLS-Sprecher Christof Lützel. Vielleicht liegt es am Kürzel „GLS“, dass die Bank zwei Imageprobleme hat: Sie gilt als Hort der Anthroposophen und als unattraktive Sparbüchse ohne Zinsen. Dabei ist das eine so falsch wie das andere. Als die GLS-Bank als europaweit erstes Institut mit einer ethischen und ökologischen Ausrichtung 1974 in Bochum gegründet wurde, geschah dies aus einem „100-prozentigen anthroposophischen Impuls“ heraus, so Lützel. Heute würde ein erheblicher Anteil der GLS-Angestellten bei Rudolf Steiner nur noch die Stirn runzeln, schätzt der frühere Waldorf-Schüler. Zwei Ursachen sieht er: Das steinersche Gedankengut erscheint vielen wohl nicht mehr aktuell. Und: „Einen Mitarbeiterbonus für Anthroposophen gibt es bei der GLS nicht.“ Gleichermaßen anthroposophisch wie fachlich Qualifizierte seien aber kaum zu finden. Lützel hält die GLS als reine Anthroposophen-Bank für nicht überlebensfähig: „Das würde unsere Arbeit zu sehr einengen.“ Deshalb begrüßt er die ideologische Öffnung der vergangenen Jahre, die dazu führte, dass heute nur noch ein gutes Drittel der GLS-Projekte anthroposophisch orientiert ist. Im Gegenzug engagiert sich die Bank beispielsweise für Kunst und Kultur (8 Prozent aller Kredite fließen in diesen Bereich), Ökologie (27 Prozent) und alternative Wohnformen (17 Prozent). Geblieben ist die Philosophie, wegweisende ethische, soziale oder ökologische Entwicklungen finanziell abzusichern. Um für dieses Ziel möglichst viel Geld bereitstellen zu können, arbeitet die Bank als Non-Profit-Unternehmen. Die GLS vergibt Kredite ohne bankübliche Verzinsung auf der Basis einer kostendeckenden Umlage (KdU). Doch das Konzept KdU hinkt, weil das allgemein niedrige Zinsniveau die Spanne zwischen Kostendeckung und marktüblichen Zinsen zurzeit praktisch nivelliert hat. Wirklich kostendeckende Zinsen wären bei der GLS so hoch, dass man kaum noch von einem Förderkredit sprechen könnte. Die GLS-Lösung: Die Bank zahlt bei Förderkrediten drauf. Strukturell hinkt KdU, weil nicht nur GLS-Kunden heute gleichzeitig einem ethischen wie ökonomischen Maximalismus anhängen: das Gute bei größtmöglicher Rendite tun. Doch gesellschaftspolitische und ökologische Ziele kann die GLS nur verfolgen, wenn die Kunden auf Renditepunkte verzichten. 80 Prozent aller Einlagen werden bei der GLS marktüblich verzinst, früher waren es nur 20 Prozent. Die GLS vergibt deshalb nur noch jeden vierten Kredite auf KdU-Basis. Früher waren es über 80 Prozent.
Die GLS-Bank wächst im Vergleich zur Konkurrenz überdurchschnittlich, im vergangenen Jahr betrug das Wachstum 12 Prozent. Und doch will die Entwicklung nicht so richtig überzeugen. Denn die rund 18 Millionen Mark Eigenkapital (Stand: 30.6.2001), die seit der Gründung der GLS eingesammelt wurden, gelten in Bankkreisen kaum mehr als Peanuts. Ebenso die Einlagen in Höhe von 327 Millionen Mark. Andererseits, so der Chefredakteur von Ecoreporter.de, Jörg Weber, seien Wachstum und Gewinn kein Selbstzweck. „Man muss Banken an ihren eigenen Ansprüchen messen.“ Das Fazit des anerkannten Experten für grünes Geld: Die GLS-Bank sei auf ihrem Feld konkurrenzlos und mit ihren innovativen Ideen oft ein „Frontrunner“. Dabei gibt es im Prinzip genügend Geld: Rund vier Milliarden Mark sind derzeit grün investiert. Und nach einer repräsentativen Untersuchung aus dem Jahr 1999 sind 26 Prozent aller Befragten an grünen Geldanlagen interessiert, auch wenn der Gewinn geringer ausfallen sollte als bei konventionellen Anlageformen. Die Zukunft sieht die GLS offensichtlich darin, ihre Angebotspalette immer mehr derjenigen konventioneller Banken anzunähern: Sparkonten, Termingelder, Anspar- und Auszahlungspläne sowie demnächst Rentenpläne und Investmentfonds. Man kennt das von konventionellen Banken. Der Unterschied liegt darin, dass die GLS-Bank zwei Varianten anbietet, je nachdem, ob Renditen oder das gute Gewissen im Vordergrund stehen. Wenn die Zukunft der GLS in der Normalität liegt, bedeutet das nicht, dass sie zwangsläufig zu einer normalen Bank mutieren muss. Denn GLS-Kunden erwarten, dass zukunftsweisende Projekte finanziert werden, die anderswo abgelehnt würden, dass kein Geld in die Rüstungs- oder Atomindustrie fließt, dass Humanität Bestandteil der Firmenphilosophie bleibt. Und 35 Prozent der 24.000 Kunden erwarten wohl auch, dass die GLS sich weiter für die Anthroposophie einsetzt.
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