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Ärger über den Wirtschaftsminister

Wärmeerzeugung gekoppelt mit Strom ist wichtig für das Klimaziel der Bundesrepublik. Doch der gesetzliche Rahmen fehlt weiter. Beide Regierungsfraktionen kritisieren Gesetz von Minister Müller als unzureichend. Trittin konnte sich nicht durchsetzen

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Der Streit um die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) findet kein Ende. Nun wollen die Fraktionen von SPD und Grünen den im August verabschiedeten Kabinettsentwurf noch einmal komplett umstricken. Gleich sieben Punkte möchten sie ändern. Groß ist der Ärger über Wirtschaftsminister Werner Müller, der den Gesetzentwurf vorgelegt hat.

Dreizehn Millionen Tonnen weniger Ausstoß von Kohlendioxid sollen die gesetzlich geförderte Modernisierung und der Ausbau der KWK eigentlich bis 2010 bringen, einige Prozent des Gesamtausstoßes der BRD. Das war auch das Ergebnis der Vereinbarung von Regierung und Verbänden im Frühsommer – die so genannte Verbändevereinbarung. Gerade zwei bis drei Millionen Tonnen Minderung blieben mit dem Kabinettsentwurf nach einer Rechnung des Berliner Öko-Instituts davon übrig.

Doch intern machen die Umwelt- und Energiepolitiker in der SPD kein Hehl aus ihrer Empörung. Der Grund: In einer Anhörung haben die Stadtwerke der SPD bereits zu verstehen gegeben, dass sie, wenn es bei diesem Gesetzentwurf bliebe, „keinen Pfennig“ in die Modernisierung investieren könnten. Die Förderung reiche schlicht nicht aus.

Grüne wie SPD hängen sehr an der KWK-Förderung. Die Grünen, weil es ein zentraler Punkt der Nationalen Klimaschutzstrategie darstellt; die SPD vor allem, weil die vielen kleinen Stadtwerke auf eine Förderung der KWK-Anlagen angewiesen sind. Wirtschaftsminister Müller will dagegen so wenig staatliche Interventionen im Energiemarkt wie möglich und stellte sich im KWK-Streit hinter die Stromkonzerne, die sich bereits eine Reihe von strauchelnden Stadtwerken einverleiben konnten.

Immer wieder hatte Müller seine Federführung für das KWK-Gesetz genutzt, um es zu sabotieren. Entsprechend groß ist die Wut in den Regierungsfraktionen auf ihn. Im Frühjahr hatte schließlich das Kanzleramt Müller zum Handeln zwingen müssen. In der endgültigen Ressortabstimmung war es Müller dann gelungen, sich in allen mit dem Umweltministerium strittigen Punkten durchzusetzen. „Trittin hat sich von Müller über den Tisch ziehen lassen“, schimpfen sozialdemokratische und grüne Umweltpolitiker einhellig.

Ein ähnlicher Konflikt zeichnet sich nun in der SPD-Fraktion ab. Dort haben wieder die Wirtschaftspolitiker die Federführung. Unter denen dominieren Politiker aus Nordrhein-Westfalen, die die Kohle schützen und Konkurrenz durch meist gasgetriebene KWK verhindern wollen. Die Umwelt- und Energiepolitiker sind hingegen entschlossen, zur Not eine Kampfabstimmung zu erzwingen, wenn bis Mitte November endgültig entschieden werden soll.

Zu den sieben Nachbesserungen gehören eine längere Förderdauer (bisher 2010). Außerdem eine klar festgeschriebene Überprüfung des Erfolgs im Jahr 2004. Zudem wünschen sich viele SPDler eine Härtefallklausel für Altanlagen und die Grünen eine bessere Förderung von kleinen Blockheizkraftwerken.

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