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Vergebliche Suche nach der „goldenen Brücke“

Französische Journalisten berichten, die Anschläge in den USA gingen auf einen gescheiterten Geheim-Gipfel in Berlin zurück – bisher ohne Dementi

PARIS taz ■ Schon im Juli 2001 – zwei Monate vor den Attentaten in den USA – sollen US-Diplomaten laut darüber nachgedacht haben, Ussama Bin Ladens mit Militärschlägen habhaft zu werden. Das zumindest erklärt der frühere pakistanische Außenminister Naiz Naik, der an den Afghanistan-Gesprächen teilnahm, die 2000 und Anfang 2001 in einem Berliner Hotel stattgefunden haben und lange geheim gehalten wurden.

Im Interview mit einem Journalisten des französischen Senders France 3 erklärte Naiz Naik, die USA hätten im Juli 2001, als offensichtlich geworden sei, dass die Taliban nicht auf eine Einladung zu Verhandlungen in Berlin eingehen wollten, angekündigt, dass sie Afghanistan militärisch angreifen wollten. Auf seinen Einwand, mit einem derartigen Vorhaben seien die USA doch bereits einmal gescheitert, habe man ihm geanwortet, dieses Mal würde der Angriff nicht nur see- oder luftgestützt, sondern „von einem benachbarten Land“ aus stattfinden, erklärte Naiz Naik gegenüber France 3. Der ehemalige US-Botschafter in Pakistan, Tom Simons, der auf US-Seite an den Berliner Afghanistan-Gesprächen teilgenommen hat, bezeichnet das als eine Fehlinterpretation des Pakistani.

Fest steht, daß Naiz Naik nach dem Scheitern der letzten Afghanistan-Runde vom 17. bis zum 20. Juli 2001 in dem Berliner Palace-Hotel nach Islamabad zurück reiste, wo der Ex-Außenminister sowohl dem Staatspräsidenten als auch der Militärspitze Bericht erstattete. Auf diesem Weg sollen die Informationen über angebliche US-Pläne auch an die Taliban und Bin Laden gelangt sein. Pierre Abramovici, der den Film „Piège Afghan“ im Auftrag von France 3 gedreht hat, sprach mit zahlreichen Beteiligten der Berliner Gespräche. Der Ende September gedrehte Film wurde bereits zwei Mal in Frankreich ohne Dementi ausgestrahlt.

Die Gespräche in Berlin, an denen nicht Regierungsmitglieder, wohl aber hochrangige Diplomaten aus den Anrainerstaaten Afghanistans und aus Washington und Moskau beteiligt waren, wurden nach Informationen von Abramovici auf Initiative der UNO vom deutschen Außenministerium ausgerichtet. Außenminister Fischer soll daran nicht beteiligt gewesen sein. Ziel der im Herbst 2000 begonnenen Gespräche sei es gewesen, den Taliban eine „goldene Brücke“ zu bauen, um aus ihrer Isolation herauszukommen. So erklärt es der ehemalige pakistanische Außenminister Naiz Naik. Als Gegenleistung für die Auslieferung Bin Ladens seien ihnen diplomatische Anerkennung, Mineralölverträge und Nachsicht im Umgang mit den Menschenrechten in Aussicht gestellt worden.

Im Juli 2001 waren erstmals auch Vertreter der gegnerischen afghanischen Parteien – Nordallianz und Taliban – zu den Berliner Gesprächen geladen. Nach Abramovicis Informationen einigten sich parallel dazu die „Nordallianz“ und der im italienischen Exil lebende König Zaher Shah auf eine mögliche Übergangsregierung in Kabul, die erstmals das Kräfteverhältnis zuungunsten der Taliban umgekehrt hätte. Bislang hieß es, die Annäherung zwischen „Nordallianz“ und Zaher Shah habe – von der UNO unterstützt –erst nach den Attentaten vom 11. September begonnen.

Nachdem die Taliban eine Teilnahme in Berlin ablehnten, galten die Gespräche als gescheitert. Journalist Abramovici, der im Rahmen seiner Filmarbeiten zahlreiche Hintergrundgespräche mit deutschen und französischen Diplomaten hatte, hält es für „wahrscheinlich“, daß es einen Zusammenhang zwischen der bereits im Juli beschlossenen Annäherung zwischen „Nordallianz“ und Zaher Shah einerseits und dem Mord an dem afghanischen Rebellenchef Masoud andererseits gibt. DOROTHEA HAHN

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