dieser verdammte krieg (xxv)
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CAROLA RÖNNEBURG führt heute das Kriegstagebuch der taz

Christiane und der Wobble

Angeblich war es vor allem der Zeitunterschied, der die US-amerikanische Regierung bewog, ein offizielles Propagandabüro aufzubauen: Oft genug gehen Bilder von Taliban-Pressekonferenzen über die Fernsehbildschirme und um die Welt, während Amerika noch schläft. Um die Nachrichtenlage schneller kommentieren zu können, richtet die Bush-Administration nun ein „Coalition Information Center“ ein. Der Zeitunterschied war es auch, der mich am Freitag hinderte, noch einmal aufzustehen und das Notizbuch ans Bett zu holen. Ich weiß deshalb nicht mehr, wie der Vertreter der englischen Tageszeitung Guardian hieß, den die CNN-Starreporterin Christiane Amanpour gegen drei Uhr morgens ins Kreuzverhör nahm. Die Hand bereits an der Fernbedienung, sah ich aber noch einen Moment hin, denn Christiane Amanpour setzte gerade die neue Linie ihres Senders um, wonach in der Kriegsberichterstattung über den Krieg gegen Afghanistan „die Balance“ zu wahren sei. „Meinungsbildung durch die Medien“ war das Thema, und mehrfach sprach sie vom „wobble“ – von der schwindenden Unterstützung der englischen Öffentlichkeit für die Militäreinsätze. Der „wobble“ war schlecht. Der „wobble“ musste doch eigentlich durch die Medien verhindert werden. Ob er sich seiner Verantwortung bewusst sei, fragte Amanpour den Guardian-Redakteur. Mitten im journalistischen clash of civilisations reagierte der Kollege angenehm gelassen. Eine Zeitung solle Informationen und Anregungen liefern. Er sei sicher, dass die Leser sich selbst eine Meinung bilden könnten. Ich schaltete den Fernseher aus und wobbelte mich in die Kissen.

MORGEN: Roger Willemsen