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Künast will gläsernes Produkt

Neues Gesetz geplant: Künftig sollen die Unternehmen Auskunft geben, woher ihre Produkte sind, wie sie hergestellt wurden, welche Schadstoffe oder Allergene sie enthalten. Auch Geheimrezepte etwa von Maggi oder Coca-Cola sind nicht mehr tabu

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Seit über hundert Jahren hüten Coca-Cola und Maggi ihre Rezepturen als Betriebsgeheimnis. Doch für Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) sind solche Geheimnisse kein Tabu mehr. Sie will die Informationsrechte der Verbraucher stärken. Künftig sollen diese das Recht haben, beim Unternehmen nach Eigenschaften des Produktes nachzufragen. Wer etwa gegen einen bestimmten Stoff allergisch ist, soll dann Auskunft darüber verlangen können, ob sich diese spezielle Substanz in einem Produkt findet. Das geht aus den Eckpunkten für ein neues „Verbraucherinformationsgesetz“ hervor, die Künast gestern in Berlin vorstellte.

Unternehmen sollen nicht nur Inhaltsstoffe offenlegen, sondern auch die Art der Fertigung, die Rohstoffe, mögliche Schadstoffe und anderes mehr. Denn manche Verbraucher wollen durch ihren Konsum nicht zu Raubbau, Kinderarbeit oder schlechter Tierhaltung beitragen. Solche „Lebensführungsgesichtspunkte“ gehörten „zu den Kriterien, auf die der Verbraucher seine Vertragsentscheidung abstimmt“, sagte Künast. Auch die Behörden sollen künftig über ihr gesammeltes Wissen zu Produkten auskunftspflichtig sein. Während die Pflicht der Behörden ihre Grenze nur in laufenden Ermittlungsverfahren finden solle, müsse die Rücksicht auf die Unternehmen naturgemäß deutlich größer sein. Schließlich hätten die Hersteller ein Recht auf den Schutz ihrer Betriebsgeheimnisse. So könne schlecht von einer Firma verlangt werden, ihre gut gehüteten Rezepte komplett preiszugeben. Nur muss eben auch ein Allergiker sicher sein dürfen, dass der Genuss der Produkte für ihn ungefährlich ist.

Die Ministerin will es den Unternehmen überlassen, ob sie die Verbraucher „individuell“ am Telefon oder als Gesamtheit via Internet informieren. Auch sollen die Verbraucher das Recht bekommen, Werbeaussagen zu hinterfragen. Derzeit strotzen die Werbespots nur so von blumigen Behauptungen, wie „nur die besten Zutaten“, „von glücklichen Kühen“, „so wertvoll wie ein kleines Steak“ und so weiter. Das würde nicht nur Lebensmittel, sondern auch andere Produkte wie Batterien – „halten entschieden länger“ – oder Ratenkaufverträge betreffen.

Außerdem möchte die Ministerin den Behörden ermöglichen, künftig auch auf mögliche Fehler von Produkten hinzuweisen – und das bereits unterhalb der Schwelle des Verbots und auch ohne definitive Gefahr. Dies sei nötig im Sinne eines „vorsorgenden Verbraucherschutzes“. Wenn zum Beispiel die Medien über den Verdacht spekulieren, Biobananen aus Costa Rica könnten möglicherweise doch heftig gespritzt oder Eiernudeln verunreinigt sein – dann seien die Behörden bislang „absolut unbeweglich“, sagte Künast. Ohne den Namen ausdrücklich zu nennen, spielte sie auf den Fall „Birkel“ an. 1985 hatte das Stuttgarter Regierungspräsidium vor „mikrobakteriell verunreinigten“ Vollei-Nudeln gewarnt. Zwar waren die Nudeln nicht perfekt, aber auch nicht gesundheitsschädlich. Deshalb musste die Regierung 13 Millionen Mark Schadenersatz an Birkel zahlen.

An hohe Bußgelder für Firmen, die sich weigern, denkt die Verbraucherministerin indes nicht. Schließlich sei es schon schlimm genug, wenn eine Firma oder ein Produkt in Verruf gerate. Künast: „Was ist dagegen ein Bußgeld über 10.000 Mark?“

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