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„Von wenig Erfolg gekrönt“

■ Polizeikommission sieht Handlungsbedarf bei sexueller Belästigung und Mobbing

Noch ist die Polizeikommission (PK) nicht durch die Rechtsblock-Mehrheit in der Bürgerschaft aufgelöst worden. Dennoch ist es wohl nur noch eine Anregung, obwohl polizeiintern auch eine dringende Empfehlung: Die PK fordert die Innenbehörde auf, die in Bearbeitung zwischen den Personalräten und der Behördenleitung befindliche Dienstvereinbarung „Mobbing“ „zügig“ zum Abschluss zu bringen. Zudem sollte für die Basis der Dienstvereinbarung „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ ein Situationsbericht und ein ergänzendes Handlungskonzept erstellt werden, damit Sexismus-Vorwürfen nicht nur nachgegangen wird, sondern den Opfern keine beruflichen Nachteile entstehen.

Der Forderung liegt der Fall einer jungen Beamtin zugrunde, die sich über sexistische Sprüche eines älteren Kollegen im Peterwagen beschwert hatte. Auf Intervention der damaligen PK und der Frauenbeauftragten wurde der Beamte 1998 zunächst in den Innendienst versetzt. Die neue Kommission musste nun feststellen, dass im zurückliegenden Jahr „die Versuche nicht von Erfolg gekrönt“ waren, die Beamtin wieder zu ihrer Zufriedenheit einzugliedern. So konnte sie ihre Arbeit an der alten Dienststelle nicht wieder aufnehmen, „weil ein Teil der dortigen Belegschaft zu große Vorbehalte ihr gegenüber aufgebaut hatte und zu einem konstruktiven Neuanfang nicht bereit war“. Überhaupt wurde ihr aus der Kollegenschaft oft signalisiert, dass sie eine „Querulantin“ und mit den Vorgängen „nicht souverän“ umgegangen sei. „Wenn sich solche Erfahrungen in der Polizei rumsprechen“, so die PK, „darf es nicht verwundern, wenn die Bereitschaft der Betroffenen gering ist, sich offen zur Wehr zu setzen.“

Bayern – Vorbild von Innensenator Ronald Schill — beschreitet indes nach dem Tod der Münchner Polizistin Silvia Braun juristisches Neuland. Zusammen mit den Eltern hat der Freistaat Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts München beim Bundesgerichtshof eingelegt. Mit dem Schritt soll der mobbende Vorgesetzte, der Silvia Braun durch sexuelle Anmachen und Psychoterror dazu trieb, ihrem Leben mit der Dienstwaffe ein Ende zu setzen, privat zur Verantwortung gezogen werden. Begründung: Die Beamtin habe nicht in Dienstausübung gehandelt, Mobbing werde daher nicht durch die Dienstherrn-Haftung gedeckt. „Diese Entwicklung ist nicht nur im konkreten Fall als Meilenstein gegen Psychoterror zu werten“, so Thomas Wüppesahl von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen, „sondern als Durchbruch an der Front der Mobbing-Abwehr.“ kva

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