NAHOST: AUCH UNTER NEUER US-VERMITTLUNG BLEIBT ALLES BEIM ALTEN: Symbolische Siege bringen nichts
Mit einem 1 : 0 für die Palästinenser ging die erste Gesprächsrunde unter US-Vermittlung zu Ende. Israels Regierungschef Ariel Scharon ist offensichtlich der Böse, denn er klebt an seiner Forderung, zunächst sieben Tage Ruhe im Land zu haben, bevor politische Gespräche aufgenommen werden. Palästinenserpräsident Arafat hingegen will sofort mit der Umsetzung des Mitchell-Reports beginnen – und verspricht, alles dafür zu tun.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Arafat sein Versprechen nicht hält. Besonders krass log er den Amerikanern ins Gesicht, als er wiederholt erklärte, dass der als Terrorist gesuchte Tansim-Aktivist Hussein Abyad hinter Gittern sitze. Zu dumm, dass der israelische Geheimdienst es besser wusste, Abyad ausfindig machte und schließlich mit einer Rakete niederstreckte. Arafat ist nicht glaubwürdig. Insofern lässt sich die Bedingung Scharons nachvollziehen, dass der Palästinenserpräsident seine Friedensabsichten mit einer Frist der Gewaltlosigkeit beweisen muss.
Doch Scharons Festhalten an einer Waffenpause ist auch Überlebensstrategie. Der Mitchell-Report, dem Israel erklärtermaßen verpflichtet ist, fordert die Einstellung des Siedlungsbaus. Nicht nur die Rechtsaußenparteien würden dies ablehnen, sondern auch weite Teile des Likud. Scharon muss zwischen seiner Koalition und dem Friedensprozess entscheiden. Beides zusammen geht nicht.
Dass selbst Arafat eine völlige Feuerpause nicht durchsetzen kann, weiß auch Scharon. Zudem macht er es seinem palästinensischen Gegenspieler nicht leichter, wenn er verdächtigte Terroristen exekutieren lässt und immer wieder neu den Zorn der Palästinenser provoziert. Doch selbst ohne die kontraproduktiven Hinrichtungen kann Arafat eine Waffenruhe nur erreichen, wenn er seinem Volk politische Erfolge präsentiert. Nach fast tausend Todesopfern sind die Palästinenser auf ein Zeichen angewiesen, dass die Intifada nicht umsonst war. Das 1 : 0 in der Außenwirkung reicht da nicht. SUSANNE KNAUL
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