: Einmal um die Welt für 274.020 Euro
■ Die Bremerhavener Lloyd-Werft überholte den letzten Transatlantik-Liner der Welt, die Queen Elizabeth II, für rund 19 Millionen Mark. Morgen sticht das Luxus-Schiff von England aus wieder in See – eine Vorweihnachtskreuzfahrt mit Kurs auf Amerika
Morgen werden die Leinen gelöst. Von seinem englischen Heimathafen Southampton aus wird der Luxus-Liner „Queen Elizabeth II“ – frisch in Bremerhaven renoviert – in See stechen. Kurs auf Fort Lauderdale, Florida. Die kurze Vorweihnachtskreuzfahrt wird zwölf Tage dauern. Danach geht es in die Karibik. Wer Weihnachten und Silvester lieber unter Palmen an weißen Sandstränden feiert als im verregneten Bremen, London oder Paris, der geht am 22. Dezember an Bord des Luxus-Liners.
Vorausgesetzt der Kontostand macht keinen Strich durch die Rechnung. 7.490 Mark kostet die 20-tägige Fahrt pro Person. Und dafür gibt es lediglich eine Innenkabine. Wer so richtig viel Knete hat, kann sich gleich eine Suite für die große Weltreise von Januar bis April sichern. Dieses Vergnügen ist zu verschiedenen Preisen zu haben. 16.790 Euro kostet die Kreuzfahrt in der Innenkabine. Wer den gesamten Luxus in Anspruch nehmen will, zahlt mehr – stolze 274.020 Euro verlangt die britische „Cunard“-Reederei von dem Fahrgast, der seinen ersten Wohnsitz für ein Vierteljahr in die Eliza-beth-Suite der Queen verlegen will.
Bis letzten Samstag lag das 293 Meter lange Nobel-Schiff noch im Dock der Bremerhavenener Lloyd-Werft. 16 Tage lang haben 550 Arbeiter Tag und Nacht gepinselt, geschraubt und geschweißt. Zeitweise legte Projektleiter Rolf Ludemann eine dritte Arbeitsschicht ein. Die Queen musste unbedingt pünktlich fertig werden. Bei der letzten Rundumerneuerung des berühmten Kreuzfahrtschiffes im Jahr 1999 hatten die Werftarbeiter für die gleiche Arbeit noch 23 Tage Zeit. Jetzt haben sie einen neuen Rekord aufgestellt.
19 Millionen Mark muss die Nobel-Reederei „Cunard“ für die Arbeiten an ihrem Flaggschiff bezahlen. Für Werft-Geschäftsführer Werner Lüken ein Großauftrag, der alle paar Jahre wieder ins Haus steht. Bereits zum fünften Mal verließ die Queen Elizabeth II an diesem Wochenende das Trockendock der Lloyd-Werft. Schon 1984, 1986, 1988 und 1999 war das Bremerhavener Unternehmen mit der Restaurierung des heute 34 Jahre alten Schiffes beauftragt worden. Niemand kennt deshalb das Innenleben der Queen besser als Werft-Projektleiter Rolf Ludemann. Er war schon 1984 mit von der Partie.
Die Queen sei in sehr gutem Zustand, sagt Rolf Ludemann. Der drei Zentimeter dicken Außenstahldecke könne der Zahn der Zeit so leicht nichts anhaben. „Heute bauen wir Schiffe mit einer Stahlschicht von nur 1,2 Zentimetern.“ Die alte Elizabeth, glaubt Ludemann, könne noch leicht weitere 30 Jahre die Weltmeere bereisen. Im völlig neuen Kleid kann die Königin jetzt in See stechen. Die gesamte Außenwand haben die Bremerhavener neu gestrichen – und dabei 17.000 Liter Farbe verbraucht. Der neue Anstrich enthält keine zinnhaltigen Biozide mehr. Damit kommt die „Cunard“-Reederei einer Forderung von Greenpeace nach, künftig keine Farben mehr zu verwenden, die das höchst umweltschädliche TBT enthalten. Auch das Brandschutzsys-tem des Schiffes wurde auf umweltfreundlich umgerüstet.
Den Schwerpunkt der diesjährigen Renovierungsarbeiten an der Queen Elizabeth II bildete die Erneuerung der Innenausbauten, denen bei einem Luxus-Kreuzfahrtschiff schließlich eine besondere Bedeutung zukommt. Die Restaurants und die Suiten wurden mit neuen Holzverkleidungen, Teppichen und Möbeln ausgestattet und somit den vor zwei Jahren renovierten Räumlichkeiten optisch angepasst. Theater, Kino, Casino, Bars, Disco, Restaurants, Bibliothek: Jetzt stimmt auf dem Luxus-Dampfer selbst das kleinste Detail. Und während der eine vom Golf-Abschlagplatz aus kleine weiße Bälle in den Atlantik katapultiert, kann der andere im neu gestylten Queen's Grill die mehrfach ausgezeichnete 5-Sterne-Küche genießen.
Das Geschäft mit dem Luxus läuft gut – trotz weltweiter Wirtschaftsflaute. „Die Buchungen werden mehr“, sagt Anja Tabarelli von der „Cunard“-Reederei. Es gebe sogar Kunden, die gern unter sich sind, und deswegen gleich beide Suiten buchen. Für die Weltreise macht das dann über eine Million Mark.
Auch Werft-Chef Werner Lüken kann nicht klagen. In den letzten drei Monaten hat der Bremerhavener bereits Aufträge für über 120 Millionen Mark an Land gezogen. Die Lloyd-Werft hat sich auf die Wartung von Fähren und Kreuzfahrtschiffen spezialisiert. Wenn sich immer mehr Menschen Luxus leisten, geht es dem Bremerhavener Unternehmen gut. Die Nobel-Schiffe sind Stammgäste im Trocken-dock. „Kreuzfahrer sind eben die einzige Schiffsladung, die einen eigenen Geschmack hat“, erklärt der Werft-Chef. „Daher müssen die Luxus-Liner oft neu gestaltet werden.“
Die „Cunard“-Reederei investiert weiter auf dem Luxus-Sektor. Ende 2003 soll Queen Mary II fertig sein. Das 780 Millionen Mark teure Schiff wird dann Elizabeth II als größter Transatlantik-Liner der Welt ablösen.
Ebbe Volquardsen
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