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pampuchs tagebuchHöchstpersönlich im Weindepot abstürzen statt im Internet

Wer ein gewisses Alter erreicht und immer schön artig war, hat mindestens drei FreundInnen, die sich mehr oder weniger professionell dem Weinhandel widmen. Das hat mit der deutschen Italophilie zu tun und wohl auch damit, dass wir eine an Lambrusco – zwei Liter für zweifuffzig – geschulte Weintrinkergeneration sind. In München jedenfalls gibt es kaum jemanden, der nicht auf der Rückfahrt über den Brenner ein paar Kistchen aus dem Land der Denominazione di Origine Controlata mitschleppt. Andere lassen gar ganze Sattelschlepper vor dem Pasinger Eigenheim anrollen und veranstalten dann Degustationen. Mein Geburtstagsfest habe ich allerdings mit einem portugiesischen Portada von 1999 aus dem Weinhandel meiner guten Freundin L. bestritten, dem wir aus Gründen eines gewissen Toskanafraktionszwanges später noch einen feinen 2000er Morellino di Scansano aus dem Keller meines Freundes R. beigesellten.

Das klingt nun alles sehr geschmäcklerisch und konsumistisch, aber erstens ist bald Weihnachten und außerdem bin ich zwar ein genussfähiger Gewohnheitstrinker, aber kein Weinkenner und deshalb auf die Hilfe von Koryphäen wie L. und R. angewiesen, wenn ich – wie es meinem Alter zusteht – die Lambrusco-Phase langsam hinter mich bringen will. Doch kommen wir zur Sache: Das kulturhistorisch Interessante am Weinhandel ist ja, dass er sich nun auch im Internet abspielt. (Wobei parallel dazu in innerstädtischen Ballungsgebieten die Weinladendichte bald die von diesen idiotischen Telekom-Telefonsäulen erreicht, mit denen uns Ron Sommer seit neuestem das Fürchten und Frieren lehrt.)

Jedenfalls hat meine Freundin L. mit ihrem Webauftritt unter www.legourmetweine.de neue Maßstäbe im Internetweinhandel gesetzt – und das sage ich als genussfähiger Gewohnheitssurfer. Das ist aber mal eine hübsche Seite! Und was man neben den tollen Weinen alles geboten kriegt! Uns Ignoranten interessiert ja auch das Drumherum. Das reicht hier von Trüffeln bis zur Mitgliedschaft in L.s Weinclub, von feschen Korkenziehern bis zu exquisiten Kochrezepten. Und dazu gibt es auch noch nützliche Tipps, mit denen ich auf der nächsten Privatdegustation zu renommieren gedenke: mit der Forderung etwa, dass der Pinot Grigio gefälligst nach Brotkruste und der Rioja nach Schellack zu riechen haben. Da werden sie staunen, meine Amateursommeliers!

Weniger schön ist, dass die gesamte Website regelmäßig abstürzt, wenn man lesen will, was die Zeitschrift Meine Familie und ich über Le-Gourmet-Weine schreibt. L. hat mir erklärt, das hinge damit zusammen, dass das Foto von ihr in dem Artikel so scheußlich sei. Es ist schon toll, wie es diese schönen Weinhändlerinnen schaffen, selbst im Internet noch ihre ästhetischen Standards brutalst durchzusetzen. Es zeigt aber auch, dass der Weinhandel eben doch eine sehr persönliche Angelegenheit ist. Darum werde ich bei L. auch in Zukunft lieber persönlich bestellen und auch persönlich mit ihr abstürzen auf einer ihrer Weinproben. Alles muss man ja nun wirklich nicht dem Internet überlassen. Und schon gar nicht der Telekom, diesen Säulenverbrechern!

Apropos Telekom. Treue Leser haben mir auf meine letzte Kolumne hin mitgeteilt, wie man diese ekelhaften unerbetenen Pornosternchen von der Taskleiste bekommt: Start/Programme/Zubehör/Systemprogramme/Systeminformationen. Dort Extras/Systemkonfig /Autostart. Programm identifizieren und Häkchen wegklicken/Neustart. Telekom hat mir übrigens wieder 80 Mark für angebliches Pornogucken abgezogen. Habe ich aber gar nicht. Der Kampf geht weiter!

THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com

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