: Ho ho hicks: blau unterm Baum
Besinnliche Lieder, Krippenspiele, Bescherung im Kreise der gesamten Verwandtschaft: Gerade zur Weihnachtszeit gibt es gute Gründe, sich gepflegt zu betütern – natürlich ökologisch korrekt! Schnäpse und Liköre gibt es mittlerweile auch in Bio-Qualität
von CHRISTINE BERGER
Schnaps war vor rund fünfhundert Jahren ausschließlich Sache von Medizinern und Mönchen. Die einen verschrieben so genanntes „Lebenswasser“ gegen allerlei Zipperlein, die anderen veredelten den Alkohol zu einem hochwertigen Genussmittel, das nicht nur bei Husten und Heiserkeit seine Abnehmer fand. Whisky und zahlreiche Obstschnäpse wurden unter anderem von den Betbrüdern erfunden. Selbstverständlich fanden in der damaligen Zeit nur die besten Zutaten Verwendung in den Destillerien: frisch gepflücktes Obst, bestes Korn, klares Wasser.
Heute muss man weit laufen, um zwischen all dem Fusel, der die Regale in den Supermärkten verstopft, einen guten Tropfen mit vergleichbarem Niveau zu finden. Viele Schnäpse werden heute aus geschmacklosem Plantagenobst gebrannt, hernach gezuckert, kaum gelagert und in rauhen Mengen auf den Markt geschwemmt.
Glücklicherweise gibt es unter den Schnapsbrennern auch solche, die auf Qualität setzen. In Deutschland ist es unter anderem das badische Weingut Zähringer, das sich durch beste Tresterbrände, Obstwässer und Liköre einen Namen gemacht hat. Das Familienweingut produziert auch Ökoweine und hat entsprechende Zertifizierungen.
Im Kaiserstuhl ist Norbert Helde auf den Geschmack gekommen und produziert seit einigen Jahren neben Bioweinen und -sekten auch hervorragende Obstbrände. Die Früchte stammen vom eigenen Hof und sind, wie bei allen hier vorgestellten Brennern, weder gespritzt noch sonst chemisch behandelt.
Um sich besser am Markt behaupten zu können, haben sich in Süddeutschland fünf Spitzenbrenner zu einem eigenen Label namens Aqua Ardens zusammengeschlossen. Alle haben auf der Spirituosenmesse Destilata in Österreich schon mehrere Preise eingeheimst. „Wir haben uns selber ein Reinheitsgebot auferlegt“, so Annette Stephan von der Brennerei Helferich in Fürth. Jährlich werden die Brände in Trier von einem unabhängigen Lebensmittelinstitut auf Rückstände untersucht. Die Zuckerung, die seit einem Jahr per Gesetz erlaubt ist, ist bei den Mitgliedern von Aqua Ardens tabu. Spezialität ist unter anderem ein Edelbrand vom Roten Weinbergspfirsich, den die Brennerei Vallendar herstellt. Die Frucht gehört zu den aussterbenden Obstsorten und wurde mit Hilfe der Familie Vallendar an der Mosel wieder rekultiviert. Über mangelnden Absatz kann sich die Aqua-Ardens-Gemeinschaft nicht beklagen. Beerenobstbrände, Apfelbrand und Wildkirschgeist sind nicht nur in der Region gefragt. Allein die Brennerei Helferich produziert im Jahr rund 5.500 Flaschen.
Auch in anderen Ländern steigt die Bereitschaft, wieder mehr auf Qualität zu achten. So produziert Jean-René Pitrou aus dem Dorf Fierville-Bray einen exzellenten Calvados, der allen ökologischen Kriterien locker entspricht. Mindestens fünf Jahre lagert sein Apfelbrand in Eichenfässern. Der Duft nach reifen, aromatischen Äpfeln findet sich auch im Glas wieder und lässt den Obstkorb auf dem Tisch verblassen. Alkoholisch genossen sind die Vitamine zwar raus, aber der Geschmack ist dreimal interessanter als der eines rohen Boskop, zumal ein Calvados an einem kalten Wintertag herrlich den Gaumen wärmt.
Aus der Nähe des spanischen Córdoba stammt ein Sierra-Morena-Wein, der nicht Sherry heißen darf, weil er nicht aus der entsprechenden Region stammt. Da er aber nach dem klassischen Flor-Sherry-Verfahren ausgebaut wurde, ist er im Prinzip einer. Seit 1988 baut das traditionsreiche Weingut Bodegas G. Gómez Nevado Weißweine nach den Richtlinien des ökologischen Weinbaus aus und hat etliche Auszeichnungen gewonnen. Besonders empfehlenswert ist der Dorado. Mindestens sechs Jahre im Eichenfass gereift, ist er zwar trocken, aber dennoch mild und mit einem leichten Haselnussaroma versehen. Ein idealer Begleiter für einen Teller Weihnachtskekse oder ein Stück Blauschimmelkäse.
Vom italienischen Weingut Bosco del Merlo stammt ein ökologisch korrekter Grappa. Gewonnen aus dem Trester der Rebsorte Cabernet, schlägt er als Verdauungsschnaps nach einem kalorienschweren Gelage etliche Kollegen aus dem Rennen. Jedenfalls genehmigt man sich davon gerne mehr als einen.
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