: Kürzen für den Innensenator
Sozialsenatorin will Arbeitsförderungen kürzen, um prioritäre Maßnahmen des Senats zu finanzieren ■ Von Elke Spanner
Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) kennt ihre eigene Giftliste nicht. Im Sozialausschuss der Bürgerschaft ges-tern Abend vermochte sie zwar umfangreiche Kürzungen bei der Sozialhilfe und der Arbeitsförderung anzukündigen. Wie sie diese realisieren will und welche Projekte konkret bluten werden, sagte sie hingegen nicht: „Ich kenne selber noch gar nicht alle Details.“
Schon jetzt aber kündigt die Senatorin an, in diesem Jahr an eintausend Menschen weniger Sozialhilfe auszuzahlen. Der alte rot-grüne Senat hatte die Zahl der Empfänger 2001 bereits mit rigiden Maßnahmen um 5000 gedrückt - zu einem Zeitpunkt, so die GAL-Abgeordnete Dorothee Freudenberg, zu dem die wirtschaftliche Situation in Hamburg, und vor allem die auf dem Arbeitsmarkt, noch um einiges besser war. Dennoch will Schnieber-Jastram 4,3 Millionen Euro durch die „bessere Steuerung der Sozialhilfe“ einbehalten.
Der SPD-Abgeordnete Jan Ehlers wandte ein, dass sich dieses Vorhaben mit einem anderen Plan des neuen Senats beißt: Die Löhne der bei der „Hamburger Arbeit“ (HAB) Beschäftigten werden abgesenkt. Ehlers verwies darauf, dass schon jetzt in Hamburg weit mehr Arbeitnehmer als im übrigen Bundesgebiet auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen seien - und die Zahl noch steigen werde, wenn die Löhne auf dem zweiten Arbeitsmarkt sinken.
Schnieber-Jastram hingegen vertritt die Auffassung, dass diese Gehälter bewusst niedrig sein müss-ten, um „Anreize für den ersten Arbeitsmarkt zu schaffen“. Das bei der HAB eingesparte Geld soll aber nicht etwa dazu verwendet werden, zumindest mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Die frei werdenden Mittel sind verplant zur Finanzierung „prioritärer Aufgaben der neuen Regierung“ - womit vor allem mehr Polizei gemeint sein dürfte.
Statt mehr Menschen in entlohnte Beschäftigung zu bringen, wird bei der HAB ein „Angebot“ für gemeinnützige Arbeit für Jugendliche installiert. Da müssten eher die „pädagogischen Aspekte überwiegen“, findet die Senatorin, weswegen es keinen Sinn machen würde, gleich mit Gehaltszahlungen anzufangen. Dieser Teil ihres Haushalts trägt den Titel „Hilfe zur Selbsthilfe“.
Wenig Hilfe ist für Eltern vorgesehen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Die rot-grüne Bundesregierung hat beschlossen, dass die seit Januar gezahlte Erhöhung des Kindergeldes von der Sozialhilfe abgezogen wird. Der alte Hamburger Senat habe laut Jan Ehlers nicht geplant, das Geld einzusparen, sondern davon für die Eltern einen Ausgleich zu schaffen. Ob der neue das ebenfalls vorhabe? Schnieber-Jas-tram: „Wir wollen starke Schwerpunkte auf die Förderung der Familie setzen.“ Im Entwurf ihres Haushalts steht, dass die 4,8 Millionen Euro bei den Sozialhilfe beziehenden Eltern eingespart werden.
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