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Der Frust der Radaropfer

Radargeschädigte der Bundeswehr fühlen sich von der Regierung betrogen. Sie warten seit längerem auf eine Entschädigung. Jetzt wollen sie Klage einreichen

BERLIN taz ■ Ablehnung um Ablehnung. Die Strahlenopfer der Bundeswehr haben einen schweren Stand. Ihre Anträge auf Wehrdienstbeschädigung werden reihenweise zurückgewiesen. Die Betroffenen sind sauer: „Der Bundesverteidigungsminister geht mit Lügen an die Presse. Man wartet so lange, bis alle verstorben sind“, erklärte Peter Rasch vom „Bund zur Unterstützung Radargeschädigter“ bei einer Mahnwache vor dem Verteidigungsministerium in Berlin.

„Schnell, großzügig und streitfrei“ wollte Verteidigungsminister Scharping den strahlengeschädigten Soldaten helfen. Den großen Worten seien jedoch bescheidene Taten gefolgt, sagte Hans-Joachim Ahnert, Anwalt beim Bundeswehrverband. Am 20. Dezember 2001 lagen der Bundeswehr über 2.500 Anträge auf „Wehrdienstbeschädigung wegen Strahlenschädigung im Radarumfeld“ vor. Die Probleme traten bei Luftwaffe, Marine und Heer auf. Von den bislang bearbeiteten 134 Anträgen wurden 133 abgelehnt – ohne detaillierte Begründung, wie Opfervertreter Rasch erklärte. Etwa 200 Betroffene seien bereits gestorben.

Der Strahlenschutzexperte Bernd Ramm sagte, dass die Bundeswehr durch „kleinkariertes Runterrechnen“ der Strahlendosis die Entschädigungszahlungen umgehen wolle. Dabei habe eine Messung der Bundeswehr aus dem Jahr 1976 ergeben, dass die Strahlendosis in manchen Fällen in einer Stunde hundertmal so hoch war, wie im ganzen Jahr erlaubt gewesen wäre. Der „Bund zur Unterstützung Radargeschädigter“ fügte hinzu, dass die große Anzahl an Erkrankungen nur deswegen möglich gewesen sei, weil eine Strahlenschutzverordnung von 1960 nicht angewendet worden sei. So habe es beispielsweise keine vorgeschriebene Belehrung oder strahlenmedizinische Überwachung gegeben.

Um den Soldaten zu helfen, sei es, so Ahnert vom Bundeswehrverband, dringend notwendig, das Soldatenversorgungsgesetz anzuwenden und zu reformieren. Da allerdings nicht nur Bundeswehrsoldaten, sondern auch zivile Kräfte und NVA-Angehörige unter den Geschädigten seien, müsse man ein Entschädigungsgesetz erstellen, das auch diese Gruppe erfasst.

Bei einem Treffen mit der Opferinitiative am Rande der Mahnwache hat Staatssekretärin Brigitte Schulte (SPD) erklärt, die von den Opfern angefertigten medizinischen Gutachten noch einmal überprüfen zu wollen.

Dieses Vorhaben ändert allerdings nichts am Frust. Heiko Soyka, der zehn Jahre mit Röntgenstrahlen bei der Bundeswehr zu tun hatte und seit 1996 an Krebs erkrankt ist, hält ein Schild hoch mit der Aufschrift „Herr Minister, machen Sie Ihre Hausaufgaben“. Soyka ist wie viele andere enttäuscht, dass er noch nicht einmal eine Antwort auf seinen vor einem Jahr gestellten Antrag auf Wehrdienstbeschädigung erhalten hat. Ähnlich geht es Maria Becht: 1980 starb ihr Mann an Krebs, nachdem er sechs Jahre lang an Radargeräten gearbeitet hat. Bis heute hat sie noch kein Geld gesehen. Das soll sich ändern. Der Anwalt der Opfer, Reiner Geulen, kündigte an, das Verteidigungsministerium auf Schmerzensgeld in Gesamthöhe von 127 Millionen Euro zu verklagen. Geulen will noch im März für zehn Mandanten Klage vor dem Landgericht Berlin einreichen.

Neben den Veranstaltern und Opfern der „Mahn- und Totenwache der Radarsoldaten“ nahmen auch zahlreiche Politiker der Grünen, der FDP und vor allem der CDU an der Veranstaltung teil. Die Christdemokraten forderten, dass Scharping seine „Hinhaltetaktik“ beenden solle. Besonders kritisierten sie zudem, dass Radaropfer selbst beweisen müssten, dass ihre Krankheit im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit an den Radargeräten steht. Das könnten Schwerkranke ohne Unterstützung nicht leisten.

CHRISTIAN JAKOB

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