: Auftritt: Bush
Der US-Präsident schwört die Nation auf den Kampf gegen den Terror ein
aus Washington MICHAEL STRECK
Es ist vollbracht. Die George-W.-Bush-Show ist gelaufen. Heftiger Applaus, Händeschütteln, Schulterklopfen. Abgang. Werbung.
Der Capitol Hill glich einer Festung. Nur schleppend gelangten Senatoren, Abgeordnete und Gäste durch die Sicherheitskontrollen in den Kongresssaal. Besonderer Gast des Abends: der afghanische Interimspremier Hamid Karsai, platziert neben First Lady Laura Bush.
Bush ist gut gelaunt und lehnt fast lässig am Rednerpult. Drei Herausforderungen gelte es anzunehmen, sagt er: den Terror weltweit bekämpfen, Amerika vor Anschlägen schützen und die Wirtschaft beleben. Er preist Amerika als Befreier Afghanistans. Beide Länder seien von nun an Partner im Kampf gegen den Terror. Mit scharfen Worten warnt er jene Länder, die nicht von sich aus gegen Terrorgruppen vorgehen, und entwirft seine Vorstellungen vom Kampf gegen Terrorismus nach dem Afghanistan-Einsatz. Er spricht von Ländern, in denen Terroristen Unterschlupf gefunden hätten, und einer „Achse des Bösen“ der Regime in Nordkorea, Irak und Iran. Ungewöhnlich direkt und ausführlich widmet sich Bush Saddam Hussein – als ob er die Amerikaner auf einen Waffengang einschwören wollte.
In Fragen der nationalen Sicherheit versucht sich Bush als überparteilicher Kriegspräsident zu positionieren. Er ruft den in vielen innenpolitischen und wirtschaftlichen Fragen gespaltenen Kongress zur Zusammenarbeit auf. „Wir dürfen jetzt nicht als Republikaner oder Demokraten, sondern müssen als Amerikaner handeln.“ Der oberste Feldherr lässt keinen Zweifel daran, dass unter seiner Regierung das Nationale Raktenabwehrsystem weiterentwickelt wird.
Das letzte Mal stand Bush an diesem Rednerpult, als er nach den Terroranschlägen vom 11. September zum Kongress sprach. Damals wirkte er tief verunsichert und bedrückt. Heute lächelt er siegesgewiss. Es ist, als hätte ihm die landesweite Sympathiewelle auch die Fähigkeit zum fehlerfreien und nahezu flüssigen Sprechen verliehen. Doch als er seine Vorstellungen zum Ankurbeln der Wirtschaft darlegt, wird der Beifall aus den Reihen der Demokraten immer verhaltener. „Mein Wirtschaftsplan lässt sich zusammenfassen in einem Wort: Jobs.“ Der Präsident weiß, dass er wegen explodierender Verteidigungsausgaben und weniger Steuereinnahmen keinen großen finanziellen Spielraum mehr hat für Sozialprogramme oder Gesundheitsvorsorge. Also appelliert er an die Solidarität und die Bereitschaft zur Nachbarschaftshilfe.
Ob nun aus Taktik oder ehrlicher Anteilnahme – Bush schafft es, zu den Menschen draußen im Land eine emotionale Brücke zu bauen. Immer wieder spricht er persönliche Schicksale an: Opfer der Anschläge auf New York, gefallene Marines in Afghanistan oder die beiden Stewardessen von American Airlines, die mutig halfen, den vermeintlichen Schuhbomben-Attentäter an Bord zu überwältigen. Beide sitzen als Ehrengäste im Publikum.
Doch was sagt Bush über den wirklichen Zustand der Nation? Nicht viel. Kein Wort über die rapide steigenden Arbeitslosen- und Obdachlosenzahlen, die Misere an öffentlichen Schulen und ein unterfinanziertes öffentliches Gesundheitssystem, das seine Schwächen bei den Milzbrandanschlägen offenbarte. Auch der Enron-Skandal wird ausgeblendet. Ussama Bin Laden existiert nicht.
Dennoch hat Bush eine souveräne Rede gehalten. Der Republikaner mit Herz, wie er sich gern sieht, nutzte die Chance, die Demokraten auf seine Seite zu ziehen. Statt ihnen ihre Blockadehaltung im Senat vorzuwerfen, umarmte Bush seine Gegner.
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