: „Grün und blau geschlagen“
■ Zwei Ex-Securitas-Männer wegen Übergriff auf Sprayer „Oz“ verurteilt
Über zwei Jahre nach der Misshandlung des Sprayers „Oz“ durch zwei Mitarbeiter der S-Bahn-Wache nimmt der Fall ein juristisches Ende. Das Amtsgericht Altona verurteilte gestern die Ex-Securitas-Männer Björn M. (28) und Rene T. (31) wegen gefährlicher Körperverletzung zu 18 sowie 14 Monaten Haft auf Bewährung. Das Gericht liegt damit weit über dem Strafmaß der Staatsanwaltschaft, die ein Jahr gefordert hatte. „Das war kein Ausraster, es war eine Art Bestrafungsaktion“, begründet Richter Berthold Herrmann den Spruch, „sie haben ihn grün und blau geschlagen.“
Der Vorfall ereignete sich am 1. Oktober 1999 im S-Bahnhof Hols-tenstraße. Der Sprayer „Oz“ hatte damals zum Leid aller Securitys überall in der Stadt seine Spraymarke hinterlassen. Amtsrichter Ronald Schill, damals schon mit Ambitionen, nutzte dies zu der Forderung, man müsse solchen Leuten anderweitig ans Leder gehen, da die lasche Justiz sie nicht zu 15 Jahren Gefängnis verurteilen würde. Zwar geben M. und T. heute an, diese Äußerungen nicht gekannt zu haben, folgten diesem Schema jedoch. Als „Oz“ alias Walter F. (51) seine Fahrkarte nicht gleich vorzeigen konnte, zerrten sie ihn an der Holstenstraße mit umgedrehten Armen aus der S-Bahn ins Abfertigungshäuschen, was zwei Zeugen beobachteten. Dabei rief „Oz“: „Hilfe Polizei, ich hab doch eine Fahrkarte.“ Nach Angaben von „Oz“ sei er dann mit den Worten: „Auf diesen Moment haben wir schon lange gewartet“ über einen Stuhl geschleudert und minutenlang durch Schläge mit Knüppeln und Tritten traktiert worden. Die Zeugen bestätigen, aus dem Häuschen minutenlang „Schreie, Stöhnen, Seufzen“ sowie „dumpfe Schläge“ wahrgenommen zu haben. Die Ex-Schwarzen Sheriffs geben indes an, von „Oz“ mit einem Stuhl angegriffen worden sein – „Oz“: „Ich bin doch nicht lebensmüde“ – , so dass sie sich mit Schägstöcken wehren mussten. „Das ist wohl über das Ziel und das Maß der Notwehr hinausgegangen.“
Der Richter glaubt dieser Version nicht. „Wenn zwei so Schränke mit solch einem Schwächling nicht zurecht kommen, ist das ein Armutszeugnis.“ Obwohl die beiden Angeklagten später den Vorfall mehrfach bereut („Es tut uns sehr leid“) und bereits 5000 Mark Schmerzensgeld gezahlt haben, meint das Gericht, ein angemessenes Strafmaß verhängen zu müssen. Das Gericht rhetorisch: „Jeder einzelne Schlag reicht für sechs Monate, wenn man sie addiert, sind schnell 10 Jahre voll.“ Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen