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schnittplatzVerpasste Chancen

Mit der Wahl von Markus Schächter zum Intendanten des ZDF drohen gleich zwei vielversprechende Ansätze zu scheitern. Für beide kann er nichts.

Zum einen steht Schächter für ein ZDF-internes „weiter so“. Was sonst könnte der bisherige Programmdirektor auch sagen, ohne seine bisherige Arbeit zu diskreditieren? Also gibt es „keine Programmrevolution, keine Blutwäsche“ (Schächter) – und damit aber eben auch kein Aufbrechen der verkrusteten Strukturen in der Mainzer Anstalt.

Ein Intendant namens Günter Struve hätte dem ZDF an dieser Stelle gut getan: Der ARD-Programmchef gilt als manchmal zynischer, aber eben auch erfolgreicher Reformator, der den alltäglichen Kleinkrieg mit zehn ARD-Anstalten gewöhnt ist.

Auch über den Mainzer Tellerrand hinaus hätte ein ZDF-Intendant Struve Charme gehabt. Das – zumindest in Sachen Unterhaltungsprogramm – beste Pferd der ARD im Stall der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz: Welch Zugzwang, aber eben auch welch Chance für Pleitgen & Co.

Doch die auch politisch plötzlich einhellig begrüßte Kür des Kandidaten Schächter birgt eine noch größere Gefahr: „Schwamm drüber“ scheint jetzt das Motto zu sein, mit dem all die Schlappen und Peinlichkeiten der drei Monate währenden Prozedur ad acta gelegt werden sollen.

Die Empörung über den Zustand der öffentlich-rechtlichen Gremien, über das ungenierte Schalten und Walten der Parteien dürfen aber nicht verpuffen. Gerade den formal parteiunabhängigen Fernsehräten kommt dabei die Hauptrolle zu – doch sie stehen noch ganz am Anfang und haben beim ersten Test prompt versagt.

Die „Gremienreform“ droht so – wenn sie überhaupt noch zustande kommt – wieder zu einer „Parteireform“ zu werden.

Und mit wie viel Reformwillen hier trotz ZDF-Debakel zu rechnen ist, zeigt ein Blick hinter die ZDF-Kulissen. Dort läuft schon das nächste allein dem politischen Proporzdenken verhaftete Tauziehen. Diesmal um die Position des neuen ZDF-Programmdirektors, der Schächter beerbt. Milchmädchen betreiben streng schwarz-rote Parteiarithmetik, etwaige Qualifikationen der Kandidaten stören da nur. STEFFEN GRIMBERG

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