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KÜNAST BRINGT IHR WICHTIGSTES GESETZ AUF DEN WEGKein Interesse mehr am Verbraucher

Industriekäse aus „dem Besten vom Land“, mit Enzymen zusammengeklebter Kochschinken „nach Hausmacherart“ und verzuckerte Jogurts, „so wertvoll wie ein kleines Steak“ – täglich werden wir zugetextet mit scheinheiligen Werbebotschaften. Verlangt der umworbene Kunde zum Image mal ein paar Informationen, verstummt die Industrie. Renate Künast wollte das ändern und mit ihrem Verbraucherinformationsgesetz eine Aufklärungspflicht von Behörden und Herstellern einführen.

Noch im November erklärte Künast mutig, bald würden die Firmen auspacken müssen. Kinderarbeit, Raubbau und miese Tierhaltung sollten sich nicht mehr verbergen lassen, für Allergiker gefährliche Zutaten offen gelegt werden. Daraus wurde nichts. Gestern bekam Künast allein die Informationspflicht der Behörden durchs Kabinett. Die Industrie hatte telefoniert und den Kanzler und seinen Wirtschaftsminister erreicht. Denen ist der Unternehmer näher als der Verbraucher.

Es ist ein Jammer. Mit ihrem wichtigsten Gesetz hat die Ministerin kampflustig ausgetestet, wie weit sie gehen kann. Vielleicht zu kampflustig. Nun wurden ihr klare Grenzen gesetzt. Immerhin werden sich laut dem Rest des Gesetzes wenigstens die Behörden dem Verbraucher öffnen müssen und Auskunft aus ihrem Wissen über Dauerwurst und Babyschnuller geben. Vielleicht schlummert da manch interessantes Detail.

Wichtiger ist, dass es Künast den Behörden nun leichter macht, vorsorglich vor potenziell gefährlichen Produkten zu warnen. Wie ein Trauma lastete der Fall Birkel auf der Zunft, als eine Warnung vor „mikrobakteriell verunreinigten“ Nudeln am Ende 6,5 Millionen Euro Schadenersatz kostete. Dieses Mehr an Transparenz und Vorsorge ist die wichtigste Konsequenz aus dem BSE-Skandal.

Vor einem Jahr gab die gesamte politische Klasse noch eifrig den Verbraucherschützer. Nun verurteilen die Unionsparteien das Gesetz pauschal, die SPD schwächt es ab. Denn die öffentliche Aufmerksamkeit schwindet, trotz 31 neuer BSE-Fälle in diesem Jahr. Renate Künast bleibt trotzdem optimistisch: Nachbessern könne man ja immer noch. Doch so eine gute Gelegenheit kommt so rasch nicht wieder. MATTHIAS URBACH

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