: Polizeibasis will Bayern zum Chef
Gewerkschaften fordern umgehende Berufung eines neuen Polizeipräsidenten. Schließlich habe der amtierende Chef Gerd Neubeck den Rückhalt der Behörde. In der SPD gilt der gebürtige Franke allerdings als zu konservativ
Die umgehende Besetzung des Amtes des Polizeipräsidenten haben die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BdK) gefordert. „Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass die Polizei wenige Wochen vor dem 1. Mai keine intakte Führungsstruktur hat“, sagte GdP-Sprecher Klaus Eisenreich. Nach Ansicht der BdK-Landesvorsitzenden Heike Rudat „leidet die gesamte Behörde darunter, wenn der Prozess noch weiter hinausgezögert wird“.
Der Chefposten in der bundesweit größten Polizeibehörde ist seit fünf Monaten vakant. Seit dem Ausscheiden von Hagen Saberschinsky leitet Vizepräsident Gerd Neubeck die Geschäfte. Der ehemalige Nürnberger Oberstaatsanwalt hat sich für das Amt beworben und gilt auch innerhalb der Behörde als Wunschkandidat. „Erstmals steht die Behörde, vor allem junge innovative Polizeiführer, gemeinsam mit den Gewerkschaften hinter einem Kandidaten. Dennoch wird dies nicht berücksichtigt“, kritisierte Rudat. „Das lässt Raum für Spekulationen.“
Vor allem in der SPD-Spitze stößt Neubeck wegen seiner konservativen Haltung auf Ablehnung. Er war vor zwei Jahren vom damaligen CDU-Innensenator Eckart Werthebach (CDU) nach Berlin geholt worden. Später hatte er sich für gezielte Videoüberwachung öffentliche Plätze – eine alte CDU-Forderung – ausgesprochen. Auch das Verbot der vorjährigen 1.-Mai-Demonstration hatte er gutgeheißen. Und von Entkriminalisierung des Drogenkonsums hält der Polizei-Vize nichts. Daher sei zu befürchten, dass sich Neubeck als Hardliner entpuppe, wenn die Konservativen einmal wieder an die Regierung kämen, bringen Bedenkenträger vor.
Die GdP wirft der Innenverwaltung „rechtswidriges“ Handeln vor, da das Bewerbungsverfahren bereits als abgeschlossen galt und nun fortgesetzt werden soll. Neubeck, der nach GdP-Informationen als fähigster Bewerber aus den Gesprächen hervorgegangen ist, sollte gegen diese Vorgehensweise klagen. Laut Innenverwaltung gibt es bei derlei Verfahren keine „Ausschlussfristen“. „Es können sich immer noch neue Interessenten bewerben“, sagte Sprecherin Henrike Morgenstern. Die Entscheidung werde in den „kommenden Wochen“ fallen. DPA, TAZ
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