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Wasser marsch – Das Militär zahlt

Der Werftenverbund im Norden stärkt vor allem den Kriegsschiffbau  ■ Von Peter Ahrens

Die zeitliche Nähe beider Ereignisse ist Zufall: Die Hamburger Traditionswerft rüstet sich in dieser Woche für ihren 125. Geburtstag am 5. April, und parallel dazu haben die Kieler Howaldswerke Deutsche Werft HDW in der Vorwoche den Weg für den seit Jahren diskutierten Werftenverbund mit Blohm&Voss und den Thyssen Nordseewerken TNSW im ostfriesischen Emden frei gemacht. Zehn Jahre lang haben die drei norddeutschen Großwerften an dieser Ko-operation gebastelt. Jetzt soll sie tatsächlich kommen, und das heißt: Das Schwergewicht der Werften an der norddeutschen Küste wird sich noch stärker als bisher auf den Bau von Kriegsschiffen verlagern.

Seit Jahren ist das, was verniedlicht Marineschiffbau heißt, ein Schwerpunkt aller drei Werften. Blohm&Voss und TNSW sind dabei seit Jahren schon eng verwoben – beide gehören schließlich dem ThyssenKrupp-Konzern an. Jetzt soll auch das Know-how, das HDW und TNSW zum Beispiel beim U-Boot-Bau haben, gebündelt werden. Beide Werften produzieren bereits seit den 60er Jahren U-Boote für die Militärs in aller Welt. Südafrika, Malaysia, Argentinien, Griechenland, die Türkei und immer wieder Israel standen und stehen unter anderem auf der Liste der Auftraggeber. Die Vorschrift, nicht in Kriegsgebiete zu liefern, wurde dabei mit politischer Rückendeckung auch in der Vergangenheit eher dehnbar interpretiert. Sowohl der frühere Bundesverteidigungsminister und schleswig-holsteinische Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg (CDU) als auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in seiner Zeit als niedersächsischer Regierungs-chef haben sich wiederholt zuguns-ten der Werften auch bei umstrittenen Aufträgen eingesetzt.

Mit der U-Boot-Produktion wird nach außen zwar gewuchert und geworben, der Bau der Schiffe selbst findet dabei jedoch unter größten Sicherheitsvorkehrungen und abgeschirmt von der Öffentlichkeit statt. Pressefotos aus der U-Boot-Halle bei TNSW waren stets tabu, die Erprobungs- und Tauchfahrten der frisch produzierten Kriegsschiffe werden als geheime Kommandosache abgehalten.

Fregatten an Nigeria, Patrouillenboote an Malaysia, zahlreiche Aufträge an die Bundesmarine – der militärische Bereich war und ist der lukrativste der drei Nord-Werften. Anders als zum Beispiel bei der Papenburger Meyer-Werft spielen der Kreuzfahrt- und Handelsschiffbau auch in der Geschäftsbilanz nur eine Nebenrolle. Durch den Werftenverbund, bei dem ThyssenKrupp als Teilhaber des neuen amerikanischen Mehrheitseigners One Equity Partners bei HDW einsteigen wird, wird dies noch forciert.

Auch als Resultat eines Sinneswandels bei ThyssenKrupp. War der Schiffbau vor Jahren für den Großkonzern nur ein lästiges Beigeschäft, hat das ausgeweitete Engagement der Bundeswehr bei militärischen Einsätzen im Ausland dafür gesorgt, dass das Kriegsschiff-Geschäft wirtschaftlich wieder lohnender wird.

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