: Pleite: Premiere bei Kirch
Kirch geht Konkurs, eine Auffanggesellschaft gibt es noch keine. Die Mitarbeiter geben sich noch optimistisch
aus München OLIVER HINZ
Für den Insolvenzrichter am Amtsgericht in der Münchner Infanteriestraße 5 war es eine Arbeit von zwei Stunden. Gegen zehn Uhr beantragte die „KirchMedia GmbH & Co. Kommanditgesellschaft auf Aktien“ bei ihm die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, mittags bestellte er den Münchner Fachanwalt Michael Jaffé zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
Gerichtssprecher Michael Haußner verbreitete beide Male eine einen Satz lange Pressemitteilung. Den Namen des Insolenzrichters wollte er allerdings nicht preisgeben. „Sonst käme der drei Tage nicht zum Arbeiten, weil ihn Anrufer mit guten Ratschlägen behelligen“, meinte Haußner. Der erfahrene Insolvenzverwalter Jaffé muss nun ein Gutachten über das Vermögen und die Schulden des Kirch-Konzerns schreiben und Sanierungsmöglichkeiten ausloten. Auf dieser Grundlage entscheidet dann der Richter, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Nur wenn neue Geldgeber für eine Auffanggesellschaft gewonnen würden, wäre dies noch abwendbar.
Die Kirch-Mitarbeiter in Unterföhring, zehn Kilometer nordöstlich von München, wünschen sich vor allem Klarheit. „Wir wissen nicht mehr, als in der Zeitung steht“, sagte ein Angestellter am Morgen in der Medienallee auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz beim Abosender Premiere. Mit der Devise „Abwarten“ kehrte auch ein junger Mann in das sechsstöckige Haus der Filmhandelsgesellschaft Taurus Media aus dem Osterurlaub zurück. „Es wird sicher weitergehen“, meinte er. „Im Moment mache ich mir überhaupt keine Sorgen.“
Auf der anderen Straßenseite der Medienallee ruhen schon seit einiger Zeit die Arbeiten an der nur mit Kies gefüllten Baugrube für einen geplanten Verwaltungspalast des Kirch-Konzerns. Am Zaun hängt bezeichnender Weise das Schild „Seidlbau Abbruch-/Erdarbeiten“.
Weder sie noch die Hauptbaugesellschaft Brunner & Co geben Auskunft über den Grund des Baustopps. Bisher habe Kirch jedenfalls alles bezahlt. Dessen Unternehmenszentrale sitzt bisher im Nachbardorf Ismaning.
Während bei Premiere offenbar bereits die ersten Leute in Unterföhring entlassen wurden, scheinen die Mitarbeiter der ProSiebenSat.1 Media AG im Haus gegenüber mit dem Riesenplakat „Willkommen in Hollywood“ nicht so um ihre Arbeitsplätze zu bangen. Ein Angestellter des Gewinn abwerfenden Free-TV-Unternehmens, das von dem Insolvenzantrag seines 52-prozentigen Mehrheitsaktionärs Kirch Media nur indirekt betroffen ist, sagte: „Die Stimmung geht hier noch.“
Durch die per Intranet verbreiteten Hausmitteilungen des Vorstands fühlte er sich auch gut informiert. „Es wird ziemlich sicher einen Stellenabbau geben, allerdings nicht über Entlassungen.“
Beim Deutschen Sportfernsehen (DSF) setzte der Betriebsrat inzwischen für kommenden Mittwoch eine Betriebsversammlung mit der Geschäftsführerin des Bayerischen Journalisten-Verbands (BJV), Frauke Ancker, an. „Kirch war immer ein sozialer Arbeitgeber mit vernünftigen Gehältern“, betonte Ancker. Aber nun würden durch die Insolvenz Abfindungen ausgeschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen