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Der Unauffällige

Der Amokläufer galt als Waffennarr. Dass er von der Schule geflogen war, hat er seiner Famile verschwiegen

ERFURT rtr/ap/taz ■ Robert Steinhäuser muss ein guter Schütze gewesen sein: In einer Viertelstunde ermordete er 16 Menschen. Viele starben an gezielten Kopfschüssen.

Viel mehr ist über den 19-Jährigen nicht bekannt – vor allem nichts Außergewöhnliches. Er kam aus einer ganz normalen Familie, lebte in einem dreistöckigen gelben Mehrfamilienhaus im Erfurter Westen und wird von einem Nachbarn als „ganz normaler Mensch“ beschrieben. Sein Vater ist nach Angaben des Spiegel Ingenieur bei Siemens, seine Mutter Krankenschwester an der Erfurter Hautklinik, sein Bruder studiert an der Fachhochschule in Schmalkalden.

In seiner Freizeit spielte der Teenager Handball und war seit eineinhalb Jahren Mitglied im Schützenverein „Domblick“, einer Unterabteilung des Polizeischützenvereins. Der betreibt nicht weit von Steinhäusers Wohnviertel einen Schießstand. Er besaß eine Waffenbesitzkarte und hatte sich eine Pistole, eine Pumpgun und jede Menge Munition zugelegt.

Bei der Durchsuchung der Erfurter Wohnung fand die Polizei Videokassetten mit Action- und Horror-Filmen, Ballerspiele für den Computer und hartes Heavy Metal. In der Schule hatte der 19-Jährige Probleme, einmal ist er durchs Abitur gefallen. Im Februar flog er von der Schule. Er hatte mehrmals Krankschreibungen und Atteste gefälscht, um sich vor Prüfungen zu drücken. Seiner Familie hatte Steinhäuser davon nichts erzählt. Die wünschten ihm am Freitag deshalb noch viel Glück für die schriftlichen Prüfungen.

Einmal hat Steinhäuser zu einer ehemaligen Mitschülerin gesagt: „Ich möchte, dass mich einmal alle kennen.“ AH

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