: Bodycount nach dem 1. Mai
Polizeigewerkschaft wirft Senat Täuschung vor: Zahl verletzter Polizisten mit 163 höher als zunächst gemeldet. Staatsanwaltschaft erlässt 39 Haftbefehle gegen Randalierer
Die 1.-Mai-Krawalle sind längst vorbei, die politischen Scharmützel dauern an: Statt mit Steinen wirft man jetzt mit Zahlen um sich. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) griff gestern erneut die Deeskalationslinie des rot-roten Senats massiv an. GdP-Landeschef Eberhard Schönberg warf Bürgermeister Klaus Wowereit und Innensenator Ehrhart Körting vor, „ihre falschen politischen Vorgaben schön zu reden“. Körting habe in seiner Bilanz der Randale die Zahl der verletzten Polizisten bewusst auf 101 heruntergespielt und nur den 1. Mai selbst berücksichtigt. Die tatsächliche Zahl liege wesentlich höher. Schönberg sagte weiter, er habe den Eindruck, dass Plünderungen und Sachbeschädigungen „ohne Rücksicht auf das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung politisch akzeptiert wrden“.
Der Innensenat bestätigte gestern auf Nachfrage, dass zusätzlich zu den 101 Polizisten am 1. Mai bereits am Vorabend 62 Beamte verletzt worden seien. Bei der Trennung der Zahlen habe es sich aber keinesfalls um einen Versuch gehandelt, die Bevölkerung bewusst in die Irre zu führen, so eine Sprecherin. Die Gesamtzahl der verletzten Polizisten ist demnach mit 163 ähnlich hoch wie im letzten Jahr, als 166 Beamte verletzt worden waren. Über die Zahl verletzter Demonstranten und Randalierer liegen keine Erkenntnisse vor.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhang mit den Mai-Krawallen bisher 39 Haftbefehle gegen mutmaßliche Straftäter erlassen, 20 von ihnen erhielten allerdings Haftverschonung. Die meisten der insgesamt 158 Festnahmen erfolgten nach Angaben der Polizei wegen schweren Landfriedensbruchs. Unter den Festgenommen waren drei strafunmündige Kinder, der Älteste war 31 Jahre alt. Am stärksten vertreten war die Gruppe der 16- bis 24-Jährigen.
In der CDU ist wie gewohnt mit dem Mai auch die Zeit der markigen Worte angebrochen: Der stellvertretende Vorsitzende der Berliner CDU-Fraktion Kai Wegner forderte, „die festgenommenen Chaoten schnell und unverzüglich“ zu verurteilen. Darüber hinaus sollten Straftäter für die Krawalle und Plünderungen „gesamtschuldnerisch in Haftung genommen werden“. Es sei Aufgabe des Senats, Schadensersatzansprüche konsequent geltend zu machen, so Wegner. Aus der Justizverwaltung hieß es gestern, ob dazu juristische Möglichkeiten bestünden, werde noch geklärt.
Insgesamt registrierte die Polizei 88 Delikte, dazu zählen demolierte Autos, zerbrochene Scheiben und geplünderte Geschäfte. Über die genaue Schadenshöhe machte sie keine Angaben. Erst müssten alle Besitzer der beschädigten Autos ausfindig gemacht werden, sagte eine Polizeisprecherin. Achtung, die CDU wird nachrechnen.
MARKUS MAXIMILIAN POHL
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