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„Ah. Mafia“

Literatur als politischer Aufklärer: Ein Lesebuch über Sizilien zeigt die düstere Seite des Lebens auf der Insel

Neulich in Sizilien: Nello Musumeci, Präsident der Region Catania, hält eine Rede. Genauer gesagt, er hält Hof. Er heißt die Besucher willkommen, hofft, dass sie sich ihr eigenes Bild von Sizilien machen werden und nicht auf das hören, was sie hörten. „Die freie Presse hat Sizilien in ein falsches Licht gerückt.“ Das böse Wort will ihm einfach nicht aus dem Mund, aber seiner Assistentin rutscht es heraus. Wo immer in der Welt sie hinkomme und erzähle, sie sei aus Sizilien, würde jeder sagen: „Ah. Mafia.“

Die Literatur redet nicht um den heißen Brei herum. In dem „literarischen Landschaftsbild Sizilien“ sind weniger Lobgesänge abgedruckt als vielmehr kritische Stimmen. Da gibt es einen Text von Leonarda Sciascia, „Der Mord in der Morgendämmerung: Der sizilianische Autor hatte großes Aufsehen erregt mit seinem Buch „Der Fall Aldo Moro“. Carlo Levis „Unter dem Ätna“ beschreibt das erbärmlich arme Leben der Bauern, das sich nach dem Zweiten Weltkrieg kaum anders darstellt als zu Zeiten der Feudalherrschaft. Beinahe mag man beklagen, dass die Sammlung allzu sehr den Schwerpunkt auf das Düstere legt. Denn in dem wunderbaren „Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa hätte es auch sonnigere Stellen gegeben als die ausgewählte. Verzichtbar wären die halbherzigen touristischen Tipps im Anhang, lieber läse man ausführlichere Kurzbiografien der Autoren. Das Vorwort des Herausgebers, Ralf Nestmeyer, führt zwar kenntnisreich in die Literatenszene ein, doch wären mehr Informationen zum besseren Verständnis der Texte dienlich. Dennoch ist es ein wunderbares und lesenswertes Buch, das hinter den sonnigen Vorhang des mediterranen Lebens blickt. BARBARA SCHAEFER

„Sizilien: Ein literarisches Landschaftsbild“. Herausgegeben von Ralf Nestmeyer. Insel Taschenbuch, Frankfurt 2000, 274 Seiten, 10 €

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