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Geburtsgesetz wird auf Juni verschoben

Proteste gegen das Gesetz zur anonymen Geburt haben Wirkung: Bundestagsabstimmung rückt nach hinten

BERLIN taz ■ Als „oberflächlich und unfachlich“ kritisierte Margot von Renesse den Gesetzentwurf zur anonymen Geburt noch gestern Morgen auf einer Pressekonferenz. Die SPD-Bundestagsabgeordnete warnte vor einer überhasteten Legalisierung von anonymer Geburt und Babyklappen. Gestern Nachmittag zeigte ihr Protest dann Wirkung: Die Bundestagsabstimmung über das Gesetz wird auf die nächste Sitzungswoche Anfang Juni verschoben. Das teilte die Grüne Irmingard Schewe-Gerigk gestern auf Anfrage der taz mit.

In einem internen Fachgespräch wolle man sich in der Zwischenzeit noch einmal mit den Kritikerinnen auseinander setzen. Dazu zählen neben von Renesse auch die Grünen-Politikerin Andrea Fischer und die Kinderhilfsorganisation terre des hommes. Wer noch an der Expertenrunde nächste Woche teilnehmen wird, steht momentan offenbar noch nicht fest.

Von Renesse bezeichnete den interfraktionellen Entwurf von SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP als „Aktionismus auf dem sozialpolitischen Niveau eines Gartenlaube-Romans“. Das Ziel, die oft tödliche Aussetzung Neugeborener zu verhindern, werde verfehlt, weil man die Zielgruppe nicht erreiche: die Frauen, die ihr Kind töten würden. „Durch dieses Gesetz wird kein Kind gerettet“, betonte Renesse.

Das sieht Schewe-Gerigk zwar anders, in dem Fachgespräch aber will sie sich den Kritikerinnen des Entwurfs stellen. Allerdings glaubt die Grüne nicht, dass man zu einer Einigung kommen werde: „Es gibt zwei verschiedene Auffassungen über den Gesetzentwurf.“ Sie geht davon aus, dass das Gesetz in seiner jetzigen Fassung verabschiedet wird. Es werde höchstens „ein paar Änderungen geben“. Zumal nicht viele Abgeordnete gegen das Gesetz seien, sondern nur „einige Prominente“.

Von Renesse betonte jedoch, dass sich in den Fraktionen inzwischen einige Vorbehalte gegen das Gesetz regten. Viele Fraktionsmitglieder hätten ihr versichert, dass sie ein solches Gesetz „nicht gemacht hätten“, wenn sie früher über die Fakten informiert gewesen wären, sagte sie gestern.

Gemeinsam mit terre des hommes leistet die SPD-Abgeordnete jetzt Überzeugungsarbeit. In Interviews warnte sie davor, dass Kinder, die ihre Herkunft nicht kennen, Identitätsprobleme bekommen können. Wohl aufgrund ihrer Öffentlichkeitsarbeit zeigen sich die Fraktionen jetzt wieder gesprächsbereit. ANGELIKA HENSOLT

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