: Keine Messe für Olympia
Planungen für Messeerweiterung wurden gestoppt. Senat und Fleischgroßmarkt können sich über Flächentausch an der Lagerstraße nicht einigen. Messestandort Hamburg und Bewerbung für die Olympischen Spiele 2012 gefährdet
von SVEN-MICHAEL VEIT
Die Zukunft der Hamburger Messe steht auf tönernen Füßen und die Bewerbung der Stadt um die Olympischen Spiele 2012 in den Sternen. Die Baubehörde hat das Bebauungsplanverfahren für die Erweiterung der Messe vorerst ausgesetzt, die erste öffentliche Plandiskussion am 27. Juni wurde abgesagt. „Wir müssen eine Vollbremsung machen“, teilten Behördenvertreter jetzt im Stadtplanungsausschuss Mitte mit. Denn die Stadt hat noch immer keine Einigung mit dem Fleischgroßmarkt Hamburg (FGH) erzielt, der zu Gunsten der Messe Flächen abgeben soll.
Das bedeute „eine Zeitverzögerung um mehrere Monate“, stellt die GAL-Abgeordnete Antje Möller fest. Dadurch würde die rechtzeitige Fertigstellung der Neubauten und somit „die Messe insgesamt gefährdet“. Der Rechtssenat setze „den von Rot-Grün sorgfältig und mühsam zusammen mit den AnwohnerInnen im Karo- und Schanzenviertel erarbeiten Kompromiss aufs Spiel“. Und er habe mit seinem „unsinnigen Versuch, die Messe nach Moorfleet zu verlagern, ein halbes Jahr verloren“. Das, so Möller, „rächt sich jetzt“.
Denn in genau drei Jahren, zur Internorga 2005, müssen die neuen Messehallen stehen, sonst „besteht die Gefahr der Abwanderung“. So steht es in einer vertraulichen Senatsdrucksache der Wirtschaftsbehörde, welche der taz hamburg vorliegt. Weiter heißt es da: „Bei der Standortentscheidung kommt aus Wettbewerbsgründen dem Zeitfaktor eine große Bedeutung zu“, deshalb müsse „ein sichtbares Signal gesetzt werden, dass Hamburg Anschluss an die quantitativen und qualitativen Maßstäbe anderer Messestandorte hält.“
Genau dies steht jetzt ebenso auf wackeligen Beinen wie die Olympia-Bewerbung der Stadt. Denn „die geplanten neuen Messehallen am jetzigen Standort“, so die Drucksache, seien „ein wesentlicher Teil des Sportstättenkonzeptes für die Bewerbung um die Olympischen Spiele 2012“. Die Unterlagen dafür hat Hamburg vor einem Monat fristgerecht beim Nationalen Olympischen Komitee eingereicht, am 26. Juni werden die Bewerbungen der Hansestadt und ihrer vier deutschen Konkurrenzstädte im Bundestag präsentiert: Unschön, wenn eine tragende Säule des Konzeptes heftig schwankt.
Die Baubehörde vermochte gestern lediglich die Absage der öffentlichen Plandiskussion bestätigen, ein neuer Termin stehe noch nicht fest. Es gebe „noch Abstimmungsbedarf“ mit dem Wirtschaftsressort. Auskunftsfreudiger war da schon FGH-Geschäftsführer Frank Seitz: „Es sind weitere Verhandlungen notwendig“, erklärte Seitz auf Anfrage. Er sei sich mit der Stadt „noch nicht so einig, dass die loslegen könnte“, und von tragfähigen Vertragsentwürfen könne derzeit keine Rede sein. Vielleicht „in ein paar Wochen“, so Seitz.
Die strittigen Punkte sind vor allem die Tankstelle und LKW-Waschanlage an der Lagerstraße und der Zugang zum Bahnhof Sternschanze. Der FGH fordert von den Behörden eine für ihn umsetzbare und kostenneutrale Lösung, denen ist aber noch keine eingefallen. Die Waschanlage ist aufgrund von EU-Hygienevorschriften unverzichtbar für die Lieferanten des Fleischgroßmarktes, eine Verlagerung der Tankstelle ins angrenzende Wohngebiet kann Seitz sich „nicht vorstellen“. Der LKW-Verkehr zum und vom Großmarkt vor allem zu frühmorgendlicher Stunde sei „den Anwohnern nicht zuzumuten“.
Eine Sichtweise, welche die Wirtschaftsbehörde im April vor dem Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft bestätigt hatte. Man sei aber „senatsseitig optimistisch, dass es zu einer Lösung dieses Teilproblems kommen werde“, vermerkt das Sitzungsprotokoll. Dass „dieser Gesichtspunkt bei den Planungen berücksichtigt wird“, bestätigte der Senat noch vorige Woche in seiner Antwort auf eine Anfrage des SPD-Fraktionsvizes Ingo Egloff. „Ein ganz schwaches Bild“, kommentierte dieser gestern auf Anfrage den Planungsstopp. Der Senat schaffe „keine klaren Perspektiven für Messe und Fleischgroßmarkt“. Das schade beiden „und der Stadt insgesamt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen