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Landebahn mit Chemiefabrik

Bei der Planung zur Erweiterung des Frankfurter Flughafens haben die Betreiber und die hessische Landesregierung den Werkkomplex der Ticona übersehen – trotz 50 Meter hoher Schornsteine. Deren Umsiedlung würde eine Milliarde Euro kosten

aus KelsterbachKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Die Chemiefabrik Ticona an der Bundesstraße 43 zwischen Raunheim und Kelsterbach ist kaum zu übersehen. Der gigantische Komplex versperrt Auto- und Radfahrern den Blick auf den dort beginnenden Kelsterbacher Wald, durch den einmal die Schneise für die geplante neue Landebahn – die favorisierte Nordwestvariante – für den Frankfurter Flughafen geschlagen werden soll. Ihre Schornsteine ragen bis zu 50 Meter hoch in den Himmel.

Dennoch haben die Flughafenbetreibergesellschaft Fraport AG und ganz offenbar auch die hessische Landesregierung das Unternehmen der Celanese-Gruppe, in dem rund 1.000 Menschen mit der Produktion von Kunststoffen beschäftigt sind, bei den Planungen für den Ausbau des Flughafens „hartnäckig lange Zeit einfach nicht beachtet“, wie Ticona-Sprecher Ralf Christner der taz berichtete.

Zu der inzwischen abgeschlossenen Anhörung im Raumordungsverfahren jedenfalls wurde das Unternehmen trotz zuvor schriftlich geäußerter „schwerster Bedenken“ gegen die Nordwestbahn nicht eingeladen. Ein Fehler, den die Fraport AG als Antragstellerin und die hessische Landesregierung zu verantworten haben. Denn die Ticona könnte bald zum Stolperstein für die von den Landtagsfraktionen von CDU, FDP und FDP, der Landesregierung und der Fraport AG favorisierten Ausbauvariante Nordwest werden. Christner: „Niemand hier im Unternehmen kann sich vorstellen, dass diese Landebahn so wie geplant gebaut werden kann, ohne dass zuvor über das Schicksal der Ticona entschieden wurde.“

Bei Realisierung dieser laut Regierungspräsident „umweltfreundlichsten Ausbauvariante“ würden die Flugzeuge nämlich direkt hinter der Fabrik auf die neue Rollbahn aufsetzen. Oder bei einem Landeanflug von Osten – bei entsprechender Wetterlage – erst unmittelbar vor ihr zum Stehen kommen. Das Katastrophenszenario für den Fall, dass eine Maschine einmal über die neue Landebahn hinausschießen und dann die Chemiefabrik „torpedieren“ könnte, malen nicht mehr nur die Ausbaugegner an die Wand. Angst davor haben auch die Arbeiter und Angestellten der Ticona.

Die Beschäftigten fürchten sich schon heute auch vor dem Lärm der direkt über ihren Köpfen einschwebenden Flugzeuge. Doch was sind die Alternativen? „Die Landebahn muss anderswo gebaut werden, oder die Ticona muss an einem anderen Ort neu aufgebaut werden“, sagt Unternehmenssprecher Christner. Die Ticona legte inzwischen ein eigenes Gutachten vor. Darin heißt es, dass bei einer Beibehaltung der Nordwestvariante die gesamte Chemiefabrik verlagert werden müsse – aus allen rechtlichen und tatsächlichen Gründen heraus. Die Frage ist: Wohin? Strittig ist zudem, wer die Umsiedlung bezahlen sollte. Die Kosten hat Ticona auch schon ausrechnen lassen: eine Milliarde Euro – nicht gerechnet die Verluste bei vielleicht monatelangem umsiedelungsbedingtem Produktionsausfall.

Da muss dann die Fraport AG ihren ohnehin schon gleich nach der Anhörung im Raumordungsverfahren auch vom Regierungspräsidenten in Frage gestellten Gesamtkostenansatz von 3,3 Milliarden Euro erneut steil nach oben korrigieren. Experten wie der Würzburger Umweltanwalt Baumann rechnen ohnehin mit Gesamtkosten von bis zu 6 Milliarden Euro – ohne die Kosten für die Umsiedlung der Ticona.

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