: Katholischer Heimleiter gibt Missbrauch zu
Weiterer Fall vom sexuellem Missbrauch, im Bistum Essen. Kardinal Lehmann: Auch externe Experten einbeziehen
FRANKFURT/MAIN taz ■ Gestern wurde ein neuer Fall von sexuellem Missbrauch eines Jugendlichen durch einen Geistlichen der katholischen Kirche in Nordrhein-Westfalen bekannt. Das Bistum Essen teilte mit, die Vorwürfe gegen den 57-Jährigen Direktor des heilpädagogischen Heimes Franz-Sales-Haus hätten sich bestätigt. Der Fall liege 22 Jahre zurück. Bereits 1993 hatte sich das Opfer, heute selbst katholischer Priester, an die Kirche gewandt – ohne Konsequenzen. Pressesprecher Ulrich Lota sagte, Ende letzter Woche habe eine Unterredung mit dem Täter stattgefunden, dann sei „schnell gehandelt worden“.
Der Täter war 14 Jahre Leiter der Einrichtung. Er habe „den Vorwurf eingeräumt und auf eigenen Wunsch“ um Rücktritt ersucht. Er sei entpflichtet, beurlaubt und in einer Therapie. Die Tat sei strafrechtlich allerdings verjährt. Das Opfer hatte sich als 13-Jähriger dem Priester anvertraut, unter anderem wegen eines vorangegangenen Missbrauchs durch einen katholischen Ordenspriester. Später habe sich eine sexuelle Beziehung entwickelt, die der Jugendliche mit 18 Jahren abrupt abgebrochen habe. Lota über den Täter: „Der Mann ist genauso zerstört wie das Opfer, das auch nach 22 Jahren noch leidet.“ Weihbischof Franz Grave erklärte am Nachmittag, ihm seien in seinem Bistum seit 1998 drei Missbrauchsfälle bekannt geworden. Jedes Mal sei „sofort ein Krisenstab“ zur Aufklärung eingerichtet worden.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, hatte gestern in einer persönlichen Erklärung bereits mit dem Bekanntwerden weiterer Fälle gerechnet. Dies treffe die Kirche „bis ins Mark“, weil sie „stets für Ordnung in den sexuellen Beziehungen eintritt“. Bisher hätten die einzelnen Bistümer geglaubt, sie könnten ihre Probleme intern lösen. Nun aber wolle man mehr Koordination und Transparenz. Auch externer Sachverstand müsse herangezogen werden.
In Kardinal Lehmanns eigenem Bistum Mainz war in der vergangenen Woche ein jahrezehntelang des Missbrauchs verdächtiger Priester entpflichtet worden. Auch in Paderborn und Regensburg ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Priester.
Eine Sprecherin des Mainzer Bistums erklärte, Missbrauch durch Priester habe „nicht vorrangig mit dem Zölibat zu tun“. Der kirchenpolitische Sprecher der CDU/CSU, Hermann Kues, hatte sich dafür ausgesprochen, den Pflichtzölibat abzuschaffen.
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