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Galopp ohne Einwände

Panne hoch zwei im Bauressort: 50 Einwände gegen die Trainings-Rennbahn in Arbergen versackten in der Verwaltung. Jetzt müssen die Baupläne erneut ausgelegt werden

Nicht der erste Patzer: Schon einmal hatte Wischer Einwände nicht berücksichtigt

Lkws schütten ein Lärmschutzwall auf, Bagger planieren die erste Zufahrtsstraße in die Arberger Marsch: Die Bauarbeiten für die neue Pferde-Trainingsbahn im Bremer Osten laufen bereits auf Hochtouren. Womöglich zu Unrecht, wie sich jetzt herausstellt: 50 Einwendungen gegen das umstrittene Projekt, die AnwohnerInnen fristgerecht beim Ortsamt Hemelingen einreichten, sind bei der Entscheidung über den Bebauungsplan überhaupt nicht berücksichtigt worden. Schlichter Grund: Das Ortsamt hat sie nicht rechtzeitig weitergeleitet. „Eine Schweinerei“, schimpft die Grüne Baudeputierte Karin Krusche. Jetzt zog das Bauressort die Notbremse: Das gesamte Bebauungsplan-Verfahren muss erneut aufgerollt werden. Trotzdem: Ein Baustopp ist nicht geplant.

Der Patzer ist nicht der erste. Schon einmal hatte das Bauressort von Senatorin Christine Wischer (SPD) Einwendungen gegen den Bau der Trainings-Rennbahn nicht berücksichtigt. Am 20. Juni nämlich hatten die Umweltdeputierten von CDU und SPD gegen die Stimmen der Grünen beschlossen, den Landschaftsschutz am Standort in der Arberger Marsch aufzuheben. Dagegen hatte Bremens Nachbarstadt Achim bereits bei einer ersten Anhörung protestiert und Bremen vorgeworfen, den Landschaftsschutz im Südosten der Hansestadt scheibchenweise aufzuheben – für die Rennbahn und verschiedene Gewerbegebiete. Ohne die bremischen Schutzgebiete, argumentierte die Nachbarstadt, sinke auch der ökologische Wert der angrenzenden Naturschutz-Flächen in Niedersachsen. Die Idee eines Verbundsystems von Schutzgebieten werde so ad absurdum geführt.

Doch die Bedenken aus Achim wurden nicht gehört. Obwohl der kritische Einspruch fristgerecht Ende Mai im Umweltressort einging, lag er der Umweltdeputation in der entscheidenden Sitzung am 20. Juni nicht vor. „Die Stellungnahme landete wegen Umstellung des Botenpostdienstes zu spät im zuständigen Referat“, heißt es dazu in einem internen Bericht der Verwaltung. Das Umweltressort störte das offensichtlich nicht. „Im Rahmen der Trägerbeteiligung haben sich keine Änderungen ergeben“, schrieb Wischers Ressort am 27. Juni nach Achim zurück – kein Wort davon, dass Achims Einspruch gar nicht behandelt worden war. Stadtplaner Rowohlt kommentiert sarkastisch: „Wenn man die Einwände nicht kennt, braucht man die Planungen auch nicht zu ändern.“

Anders als beim Bebauungsplanverfahren für die Trainings-bahn, das wegen der übergangenen Einwendungen jetzt ganz neu aufgerollt wird, steht eine Neuauflage des Verfahrens zur Aufhebung des Landschaftsschutzes bisher nicht zur Debatte. Stattdessen sollen die Umweltdeputierten am Donnerstag über die zweieinhalb Monate zurückliegenden Einwände aus Achim „ergänzend unterrichtet“ werden. Anlass, die bisherige Entscheidung zu überdenken, sieht die Verwaltung nicht. Schließlich kam selbst die Oberste Naturschutzbehörde – Dienstherrin: Christine Wischer – schon vor Monaten zu dem Ergebnis, dass Naturschutz und Landschaftspflege in der Arberger Marsch „hinter dem allgemeinen öffentlichen Interesse an der Anlage einer privaten Trainingsanlage für Rennpferde zurückstehen müssen“. Sprich: „Das Abwägungsergebnis bleibt von den vorgebrachten Bedenken (der Stadt Achim, Anm. d. Red.) unberührt.“

Ob sich Achim das gefallen lässt, bleibt abzuwarten. Die Grünen jedenfalls denken bereits über eine Klage nach. Denn das Vorgehen der Verwaltung, betont Krusche, sei nicht nur „ein übler Umgang mit den berechtigten Interessen der Umlandgemeinde“, sondern auch „absolut nicht rechtens“.

Armin Simon

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