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DIE USA HALTEN IHRE WIRKLICH INTERESSANTEN DOKUMENTE ZURÜCKDie argentinische Diktatur bleibt dunkel

Zwei lange Jahre hat es gedauert, bis die USA der Bitte von Menschenrechtsorganisationen nachgekommen sind und Dokumente über die argentinische Militärdiktatur (1976–1983) veröffentlicht haben. Verfasst wurden die 4.677 Papiere von der US-Botschaft zur Information des amerikanischen Außenministeriums. Wer darin aber brisantes Material vermutet, der hat sich geirrt.

Sicher, mit jedem noch so kleinen Hinweis kann das Repressions-Puzzle, das die Militärs hinterlassen haben, zu einem Ganzen zusammengefügt werden: Es können Morde der Sicherheitsorgane aufgeklärt werden oder die Schicksale Verschwundener rekonstruiert werden. Damit wird das Bild der Diktatur kompletter. Möglicherweise können auch neue Beweise gegen Militärs zu Tage gefördert werden, gegen die in Argentinien Ermittlungen laufen. Jedoch: Auch im Nachbarland Chile haben die USA ihre Dokumente zur dortigen Diktatur veröffentlicht. Am Freispruch für den Diktator Augusto Pinochet haben sie nichts geändert.

Und: Nichts ist unaufregender als Botschafterberichte. Die Archive des Pentagon und des Geheimdienstes CIA bleiben weiterhin geschlossen. Aber gerade dort kann man, wohl nicht zu Unrecht, interessante Papiere vermuten. Und diese könnten dann auch etwas über die Rolle der USA im Südamerika der 70er- und 80er-Jahre erzählen. Beispielsweise darüber, inwieweit die USA beim Plan Condor mitgemischt haben, mit dem die Diktaturen Südamerikas ihre gefangenen Oppositionellen grenzüberschreitend verfolgen und foltern ließen. Oder wie stark die USA an den Militärputschen in Chile und Argentinien beteiligt waren. Damit würde man auch etwas über die Rolle des damaligen US-Außenministers Henry Kissinger erfahren, der als Hintermann des Putsches in Chile im Jahr 1973 zu gelten hat und der sehr wohl über den Plan Condor informiert war.

Darüber freilich steht in den jetzt freigegebenen Dokumenten kein Wort. Aber genau das möchte man doch gerne wissen: Wie groß war die politische Verantwortung der USA bei der Entstehung der Militärdiktaturen in einer Region, die Washington immer als ihren Hinterhof betrachtet hat?INGO MALCHER

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